Bürgermeister durfte sich nicht von Fußballsozialverein distanzieren
VGH Mannheim, Urt. v. 22.7.2025 – 1 S 720/23 (VG Stuttgart, Urt. v. 10.11.2022 – 1 K 4478/20)
Amtlicher Leitsatz:
Der Bürgermeister ist im Rahmen seiner amtlichen Kompetenzen nicht befugt, sich in dem von der Gemeinde herausgegebenen Amtsblatt als Privatperson aufgrund einer Veröffentlichung im Amtsblatt, deren Inhalt zwar eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft betrifft, hierzu aber keinen sachlichen Anlass gibt, öffentlich von einem Einwohner zu distanzieren.
Redaktioneller Leitsatz:
Der Person des Bürgermeisters steht es frei, sich als Privatperson in der Form einer selbstfinanzierten Erklärung im privaten Anzeigenteil des Amtsblatts öffentlich – bei Wahrung der inhaltlichen Schranken des Zivil- und Strafrechts – von einem Einwohner oder einem Verein der Gemeinde nach vorangegangenen Beleidigungen und Diffamierungen durch den Vereinsvorstand zu distanzieren. Eine Inanspruchnahme seiner Amtsstellung und der ihm hieraus erwachsenen Befugnisse und Mittel ist ihm zu diesem Zweck jedoch verwehrt.
Entgelt schließt Uneigennützigkeit iSd. § 67 Abs. 2 VwGO aus
VG Arnsberg, Beschl. v. 5.8.2025 – 9 K 3144/25.A
Amtlicher Leitsatz:
Ein bei einem Verein entgeltlich beschäftigter Volljurist ist nicht zur Vertretung Dritter im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten befugt.
Redaktionelle Leitsätze:
- Durch den ausdrücklichen Wortlaut des § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO („in Zusammenhang“) ist der Ausschluss entgeltlicher Rechtsvertretung weit zu verstehen. Nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht die Prozessvertretung, wenn sie uneigennützig erfolgt. Das Tätigwerden muss sich danach als uneigennützig darstellen.
- Ein bei einem Verein angestellter Volljurist, der ein Gehalt unabhängig von der Übernahme von erstinstanzlichen Vertretungen erhält, die angestrebte erstinstanzliche Vertretung jedoch im Zusammenhang mit der unstreitig entgeltlichen Tätigkeit steht, handelt danach nicht uneigennützig iSd. § 67 Abs. 2 VwGO.
Organwalter kann kein Syndikusrechtsanwalt sein
BGH, Beschl. v. 11.8.2025 – AnwZ (Brfg) 18/25 (AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 14.2.2025 – 1 AGH 35/23)
Redaktionelle Leitsätze:
- Ein als Geschäftsführer bei einem Verein angestellter Volljurist, kann auch dann besonderer Vertreter iSd. § 30 BGB sein, wenn eine (deklaratorische) Eintragung im Vereinsregister nicht erfolgt ist.
- Eine geeignete Satzungsgrundlage für die Bestellung eines besonderen Vertreters ist auch eine Satzungsbestimmung, nach der die Bildung eines besonderen Geschäftskreises für den Geschäftsführer vorgesehen ist und die den Geschäftsführer hierfür mit Außenvertretungsbefugnis ausstattet. Unschädlich ist dabei, dass die Satzungsbestimmung nicht von einem besonderen Vertreter spricht, der Geschäftsführer von einem Organ überwacht wird, oder auch dass der Geschäftskreis begrenzt ist.
- Bei einem Verhältnis eines besonderen Vertreters iSd. § 30 BGB zu dem Verein handelt es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis iSd. § 46 Abs. 2 BRAO, weshalb eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt nicht verlangt werden kann.
Nord Stream 2: Klimastiftung verliert Streit um Schenkungssteuer
BFH, Urt. v. 13.8.2025 – II R 12/24 (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 31.1.2024 – 1 K 231/22)
Hinweis:
Nach einer landläufige Pressemitteilung hat die Klimastiftung MV einen Streit um die Entrichtung der Schenkungssteuer von einer Zuwendung von 20 Millionen verloren und muss nun 9,8 Millionen zahlen bzw. kann den bereits entrichteten Betrag nicht zurückverlangen.
Quellen:
dpa-infocom, dpa:250813-930-907073/2
https://www.zeit.de/news/2025-08/13/bundesgericht-schenkungssteuer-fuer-klimastiftung-rechtens
Kein Verlust der Rechtsfähigkeit einer Stiftung bei Verlagerung des Verwaltungssitzes in das Inland
FG München, Urt. v. 13.8.2025 – 4 K 2055/23 (Revision zugelassen; Besprechung im JdS folgt demnächst)
Redaktionelle Leitsätze:
- Verlegt eine nach liechtensteinischem Recht errichtete Stiftung ihren Verwaltungssitz nach Deutschland, bleibt ihre Rechtsfähigkeit in Übereinstimmung mit der Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 AEUV erhalten.
- Das gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft im Ausland nur ihren Gründungs- bzw. satzungsmäßigen Sitz hat, während sie von vornherein ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in der Bundesrepublik Deutschland nimmt und hier auch ihre Geschäfte betreibt und auf diese Weise bewusst die Gründungsvorschriften am Ort ihrer tatsächlichen Geschäftstätigkeit umgeht (EuGH, Urt. v. 30.11.2003, Rs C-167/01, Inspire Art). Damit wird deutlich, dass unabhängig davon, ob eine grenzüberschreitende Sitzverlegung stattgefunden hat, für das Personalstatut einer Stiftung unter Anwendung der Regelungen des Internationalen Gesellschaftsrechts an das Recht des Gründungsstaats anzuknüpfen ist, wenn dieser Gründungsstaat Mitglied der EU oder des EWR ist.
- Da der Rechtsverkehr durch die Stiftungsaufsicht nicht geschützt wird und privatnützige Stiftungen, wie die streitgegenständliche Stiftung nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Stiftungsgesetzes ohnehin keiner Aufsicht unterliegt, kann der Umstand, dass die Stiftung keiner Stiftungsaufsicht unterliegt, nicht zur Begründung der Anwendung der Sitztheorie herangezogen werden.
Bandidos erhalten sichergestellte Harleys und Grundstücke nicht zurück
VG Gelsenkirchen, Urt. v. 18.8.2025 – 14 K 4181/24; 14 K 3034/24; 14 K 4901/21; 14 K 4844/21; 14 K 473/22
Hinweis nach Pressemitteilung des VG Gelsenkirchen vom 18.8.2025 (abrufbar unter https://www.vg-gelsenkirchen.nrw.de/behoerde/presse/pressemitteilungen/23_250818/index.php):
Das Landeskriminalamt NRW (LKA) durfte u.a. Motorräder der Marke Harley-Davidson und Zulassungsbescheinigungen von früheren Mitgliedern des Bandidos Motorcycle Club (BMC) sowie Grundstücke in Bochum und Gelsenkirchen sicherstellen, welche die örtlichen Untergliederungen des BMC, sog. Chapter, für ihr Vereinsheim genutzt hatten.


