Journal des Stiftungsrechts
JdS 2025, 4
Besprechung von VG Köln, Urt. v. 12.6.2025 – 4 K 514/24
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VG Köln, Urt. v. 12.6.2025 – 4 K 514/24
https://nrwe.justiz.nrw.de/ovgs/vg_koeln/j2025/4_K_514_24_Urteil_20250612.html
Leitsätze der Redaktion:
1. Überblick
Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem aktuellen Urteil bestätigt, dass die Umwandlung einer als „Ewigkeitsstiftung“ gegründeten gemeinnützigen Stiftung in eine Verbrauchsstiftung nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig ist. Trotz stagnierender Erträge und gestiegener Belastungen sah das Gericht keinen Grund für eine Aufhebung des Prinzips der dauerhaften Mittelbindung. Für viele Stiftungen ist das Urteil ein wichtiges Signal – die Schwelle zur Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung ist hoch.
2. Ausgangsachverhalt
Bei der Klägerin handelte es sich um eine gemeinnützige Stiftung, deren Satzungszweck die Förderung des Sports – konkret die Förderung des Jugendhandballs – ist. Sie wurde im Jahre 2005 errichtet, verfügte über ein dauerhaft zu erhaltendes Grundstockvermögen von 250.000 Euro und erzielte hieraus vergleichsweise niedrige jährliche Erträge im unteren vierstelligen Bereich. Andererseits waren auch die jährlichen Verwaltungskosten mit lediglich 83,30 Euro überschaubar.
3. Angesichts der Entwicklungen am Kapitalmarkt, zurückgehender Fördermittel und steigender Bedarfe beschlossen die Stifter unter Anhörung des Kuratoriums und des Vorstands der Klägerin, diese in eine Verbrauchsstiftung umzuwandeln. Das gesamte Vermögen der Stiftung sollte sodann über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren für die Verwirklichung des Satzungszwecks eingesetzt werden. In der Begründung des Beschlusses über die Satzungsänderung wurde dargelegt, dass sich die gesamtwirtschaftlichen Verhältnisse derart geändert hätten, dass die Erfüllung des Satzungszwecks in der satzungsgemäßen Form in Zukunft nicht mehr möglich sei. Daher sei man zur Überzeugung gelangt, dass es der Förderung des Satzungszwecks am besten diene, wenn die Klägerin als Verbrauchsstiftung neben Erträgen nach und nach auch ihr Vermögen verwenden könne. Der Antrag auf Genehmigung der Satzungsänderung bzw. der Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung wurde jedoch von der Bezirksregierung Köln (Stiftungsaufsicht) abgelehnt, sodass die Stiftung Klage zum Verwaltungsgericht Köln erhob.
4. Ausführungen des Gerichts
Das Verwaltungsgericht Köln (VG) hat die Klage der Stiftung abgewiesen. Ausschlaggebend war aus Sicht des Gerichts, dass eine Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung nur zulässig sein soll, wenn der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann. Maßgebliches Kriterium sei hierbei, ob die laufenden Erträge auch ohne Verbrauch des Grundstockvermögens noch ausreichen, um den Stiftungszweck zu erfüllen. Das Gesetz sehe die Möglichkeit einer nachträglichen Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung ausdrücklich nur in Fällen vor, in denen die betreffende Stiftung notleidend sei. Erst wenn die Stiftung tatsächlich keine ausreichenden Mittel aus Erträgen und sonst verfügbarem Vermögen (mit Ausnahme des Grundstockvermögens) erwirtschaftet und keine Aussicht auf Besserung besteht, könne eine Umwandlung genehmigt werden.
5. Im konkreten Fall stellte das Gericht fest: Die Stiftung erzielte zuletzt wieder steigende Erträge (über 4.000 Euro jährlich), besitzt keine nennenswerten Verbindlichkeiten und verwaltete zusätzliche Umschichtungsgewinne, die satzungsgemäß für den Zweck nutzbar wären. Die niedrigen Verwaltungskosten von knapp über 80 Euro pro Jahr würden kaum ins Gewicht fallen. Eine Pflicht, Mittel über eine bestimmte Anzahl oder mit fixen Summen auszuschütten, bestünde nicht. Ergo sei die Stiftung nicht gehalten, wie bisher alle Handballvereine mit einer bestehenden Jugendabteilung zu unterstützen.
6. Auch Wertverluste des Vermögens durch Inflation führten nicht automatisch dazu, dass der Stiftungszweck unerreichbar wird. Es sei vielmehr ausreichend, wenn die Stiftung, sei es auch nur in reduziertem Umfang, Handballvereine fördern kann. Das Gericht verweist ausdrücklich darauf, dass der Stiftung in eigenem Ermessen Änderungen der Förderbreite oder -intensität vorbehalten bleiben, einerseits etwa durch Kürzung der Förderbeträge oder andererseits durch eine aktivere Mittelakquise bezüglich Spenden und Zustiftungen.
7. Dass die Stifter bei Errichtung der Stiftung in Bezug auf die Förderbreite und -intensität womöglich andere Vorstellungen gehabt haben, ist laut dem VG hinzunehmen. Auf den Vortrag der Klägerin, wonach sich die Stifter bei der Errichtung der Stiftung womöglich für die Form einer Verbrauchstiftung entschieden hätten, hätte es diese Option bereits im Jahr 2005 gegeben, geht das VG schließlich gar nicht mehr ein.
8. Einordnung der Entscheidungsgründe
Das VG orientiert sich im Rahmen seiner Entscheidung streng am Wortlaut von § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB. Nach der Systematik der §§ 85 ff. BGB stellt die nachträgliche Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung zwar nicht die ultima ratio dar, kommt jedoch erst dann in Betracht, wenn die dauernde und nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks aus den zur Verfügung stehenden Erträgen, Zuwendungen und sonstigen Mitteln gescheitert ist. Insoweit überrascht das Urteil des Verwaltungsgerichts letztlich wenig.
9. Im Ergebnis folgt aus den Ausführungen des VG, dass wirtschaftliche Unwägbarkeiten nicht automatisch die Hürden für die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung senken dürfen. Auch eine Umwandlung oder sonstige Satzungsänderungen auf Vorrat – etwa aus Furcht vor zukünftigen Kapitalmarktschwankungen – kommen nach den Ausführungen des VG nicht in Betracht. Die Option zur Verbrauchsstiftung bildet eine Ausnahme und erfordert eine nachweisliche, nachhaltige Notlage.
10. Positiv fällt die Entscheidung vor allem auf, weil das VG sich die Mühe macht, sehr dezidiert darzulegen, warum die Umwandlung nicht in Betracht kommt und welche Parameter bei der Prüfung heranzuziehen sind. Insofern mag die Entscheidung als Orientierungshilfe für Stiftungen dienen, die eine Umwandlung erwägen.
11. Praxishinweise und Fazit
Ähnlich streng wie das Verwaltungsgericht im hiesigen Fall sind in praxi auch die Stiftungsaufsichtsbehörden, wenn es um die nachträgliche Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung geht. Zwar ist diese Strenge im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut durchaus nachvollziehbar, das ändert indes nichts daran, dass dies in der Praxis oftmals zu zweifelhaften Ergebnissen führt.
12. Führt man sich vor Augen, dass sich die typischen jährlichen Kosten der Stiftungsverwaltung, anders als im Entscheidungsfall, mindestens auf einen mittleren bis hohen vierstelligen Euro-Bereich belaufen, stehen die Verwaltungskosten kleinerer Stiftungen oftmals in keinem rechten Verhältnis mehr zu den Mitteln, die für die eigentliche Zweckverwirklichung ausgegeben werden können. Folglich ist die Verwaltungskostenquote bei kleinen Stiftungen oftmals nahe oder sogar jenseits der 50 %-Marke. Dabei resultieren die Verwaltungskosten in diesen Fällen nicht aus überzogenen Ausgaben oder überhöhten Gehältern, sondern bilden das Resultat der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften aus dem Steuerrecht und dem Stiftungsrecht (Jahresrechnung, Vermögensnachweis, Steuererklärung) und sonstiger Compliance-Vorgaben (Datenschutzvorgaben, Anmeldungen und Eintragungen im Transparenzregister sowie künftig im Stiftungsregister). Im Ergebnis wird damit ein überproportionaler Teil der Mittel für die (Selbst-) Verwaltung der Stiftung und nicht für die intendierte Zweckverfolgung ausgegeben.
13. Man mag dem entgegenhalten, dass dies vom jeweiligen Stifter in Kauf genommen worden ist, als er die Stiftung mit (zu) wenig Kapital errichtet hat. Dies blendet jedoch aus, dass sich die Kapitalmärkte in den vergangenen drei Jahrzehnten, jedenfalls was die Zinsen und Erträge aus (Spar-) Konten und (risikoarmen) Anleihen anbelangt, im Gesamttrend rückläufig entwickelt haben. Außerdem stellt sich die Frage, ob es für den Stifter bei der Stiftungserrichtung ernsthafte Alternativen zur Ewigkeitsstiftung gab. Wenngleich die Möglichkeit, Stiftungen mit einem verbrauchbaren Vermögen zu errichten, bereits früher diskutiert worden ist und teilweise auch in Stiftungsgesetzen der Länder angeklungen ist (vgl. Richter/Sturm NZG 2005, 655, 657; sowie Reuter NZG 2005, 649, 653; Burgard NZG 2002, 697, 699), ist die Verbrauchsstiftung als solche erst seit dem 29.3.2013 durch das Inkrafttreten des Ehrenamtsstärkungsgesetzes (Gesetz zur Stärkung des Ehrenamts v. 21.3.2013, BGBl. 2013 I 556) gesetzlich geregelt. Erfolgte die Stiftungserrichtung – wie im Entscheidungsfall – vor dem Jahr 2013, stand dem Stifter die Verbrauchsstiftung im Grundsatz nicht zur Auswahl, beziehungsweise nur dann, wenn ihm diese Option bekannt war und die für die Anerkennung zuständige Stiftungsbehörde das Vorhaben mittrug. Es ist aber naheliegend, dass (viel mehr) Stifter kleinerer Stiftungen eine solche Rechtsform in Betracht gezogen hätten, hätten ihnen diese offenkundig qua Gesetz zur Verfügung gestanden.
14. Insofern ist es bedauerlich, dass sich das VG im Entscheidungsfall nicht (näher) mit diesem Aspekt auseinandergesetzt hat. Dabei wäre eine Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen klägerischen Vortrag dogmatisch durchaus möglich gewesen. Oberste Maxime für die Auslegung und Änderung der Stiftungssatzung ist nach dem Gesetz der historische, hilfsweise der mutmaßliche Wille des Stifters (§ 83 Abs. 2 BGB). Jedenfalls wäre der mutmaßliche Wille des Stifters im Entscheidungsfall wohl auf die Errichtung oder Umwandlung in eine Verbrauchstiftung gerichtet gewesen. Das VG hatte insofern die Gelegenheit, sich mit dem Verhältnis von § 83 Abs. 2 BGB und § 85 Abs. 1 BGB zu befassen, hat diese Chance jedoch leider vertan.
Krüsmann JdS 2025, 4 Rn. 1-14

JdS-RS Übersicht November 2025