Journal des Stiftungsrechts
2025, 2
Fallbearbeitung für die Beraterpraxis: Die Gotthard-Neumann-Stiftung – (k)eine ewige Verbrauchsstiftung
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Fallbearbeitung für die Beraterpraxis: Die Gotthard-Neumann-Stiftung – (k)eine ewige Verbrauchsstiftung
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1 Diese Fallbearbeitung für die Beraterpraxis untersucht, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Verbrauchsstiftung in eine sog. Ewigkeitsstiftung umgewandelt werden kann. Im Mittelpunkt stehen die dogmatischen Grenzen und gestalterischen Möglichkeiten (satzungsmäßiger) Änderungsermächtigungen anhand eines fiktiven Sachverhalts. Zur Verdeutlichung wird dieser an einzelnen Stellen abgewandelt, um aufzuzeigen, wie sich solche Veränderungen auf die rechtliche Beurteilung auswirken. Das so geschaffene Gesamtbild soll das Bewusstsein für die Problematik schärfen.
2. Gliederung
A. Sachverhalt…………………………………………………….Rn. 3-5
B. Einführung…………………………………………………….Rn. 6
C. Begriffsbestimmung: Dauerstiftung………………….Rn. 7
D. Abwandlung: keine Satzungsermächtigung…..…..Rn. 8-12
E. Satzungsgestaltung möglich?……………………………Rn. 13-15
F. Bestimmtheit der Satzungsgestaltung…………….….Rn. 16-20
G. Auslegung und Anwendung von § 12 Abs. 5……….Rn. 21-25
H. Ergebnisse der Analyse……………………………………Rn. 26
I. Fazit für die Praxis……………………………………………Rn. 27-29
3. A. Sachverhalt
Der Archäologe Simeon (S) entdeckt gegen Ende seiner wissenschaftlichen Laufbahn ein bislang nicht erschlossenes archäologisches Areal in Thüringen. Nach ersten Einschätzungen handelt es sich um eine kleine bis mittlere Siedlungsstelle, deren vollständige Dokumentation ca. zehn Jahre in Anspruch nehmen sollte. Da S aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die wissenschaftliche Leitung des Projekts selbst zu übernehmen, plant er die Errichtung der Gotthard-Neumann-Stiftung (G). Die Stiftung soll die Finanzierung, Durchführung sowie die langfristige wissenschaftliche Aufarbeitung und öffentliche Zugänglichmachung der Ergebnisse sicherstellen. Zu diesem Zweck will S einen Betrag von 500.000 € einbringen. Im Rahmen der Abstimmung mit der zuständigen Stiftungsbehörde äußerte diese Bedenken gegen die Anerkennungsfähigkeit der Stiftung. Die beabsichtigte Kapitalausstattung erscheine unzureichend, um sowohl den Erwerb der Grabungsgrundstücke als auch die Durchführung der Ausgrabung und die Publikation der Forschungsergebnisse nur mit den Erträgen zu finanzieren. S passte daraufhin das Stiftungskonzept an und änderte das Stiftungsgeschäft so ab, dass nun eine Verbrauchsstiftung mit einer Laufzeit von zehn Jahren errichtet werden würde. Die Satzung ergänzte S in dem Zuge noch um eine Ermächtigung der Organe, die Stiftung in eine Stiftung auf unbestimmte Zeit umzuwandeln. Die Behörde erkannte die nun so konzeptionierte Stiftung an.
4. Innerhalb der ersten zwei Jahre der Projektarbeit stellte sich heraus, dass es sich bei dem Fund nicht um eine regionale Kleinsiedlung handelt, sondern um einen der bislang bedeutendsten Fundkomplexe des Mesolithikums in Mitteleuropa. Die Ausgrabung offenbarte Hinweise auf bislang unbekannte Siedlungsstrukturen und Lebensgewohnheiten der Mittelsteinzeit, die in ihrer Bedeutung weit über die Region hinausreichen und grundlegende Annahmen über diese Epoche in Frage stellen. Infolge der dadurch erzeugten überregionalen und bald auch internationalen wissenschaftlichen und medialen Aufmerksamkeit erfährt die Stiftung einen massiven Zustrom an Drittmitteln in Form von Zustiftungen, Kooperationsverträgen und anderen Zuwendungen. Der Kapitalüberhang ist so beträchtlich geworden, dass G kurz davorsteht, weitere Zuwendungen ablehnen zu müssen, um den Verbrauch des gesamten Vermögens innerhalb der satzungsmäßig vorgegebenen Zeit zu gewährleisten. Der Stiftungsvorstand beabsichtigt nun, G von einer Verbrauchsstiftung in eine auf Dauer angelegte Stiftung umzuwandeln.
5. Satzungsauszug:
§ 12 Satzungsänderungen
(5) 1Der Vorstand kann durch Satzungsänderung mit Zustimmung des Kuratoriums den Verbrauch des Stiftungsvermögens oder die Stiftung in eine auf unbestimmte Zeit angelegte Stiftung umgestalten, wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und eine solche Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. 2Für die Umgestaltung der Stiftung in eine auf unbestimmte Zeit angelegte Stiftung muss zusätzlich die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks auch ohne einen Verbrauch des Grundstockvermögens gesichert sein.
6. B. Einführung
Die im Sachverhalt angesprochene Problematik nach der Möglichkeit einer Umwandlung einer Verbrauchsstiftung in eine auf unbestimmte Zeit errichtete Stiftung wird nur selten vertieft nachgegangen (unter dem Aspekt einer „Neugründung“ diskutierend Schwalm NotBZ, 121, 125; vgl. zum Rechtsstand bis 30.6.2023 auch MüKoBGB/Weitemeyer, 9. Aufl. 2021, BGB § 80 Rn. 155; BeckFormB ErbR/Feick/Bregulla-Weber, 5. Aufl. 2023, Form. H. III. 7. Anm. 1). Dies mag daran liegen, dass es wohl recht wenige Fälle geben dürfte, die Fragen hierzu aufwerfen. Jedoch sollte sich vor allem aber die Beratungspraxis der hier bestehenden Probleme bewusst sein. Denn die gestalterischen Grenzen unterscheiden sich zum einen danach, ob vor oder nach der Anerkennung eine Satzung geändert werden soll oder entworfen werden muss. Zum anderen ist besonders der historische Stifterwille, wie jüngst das Urteil des VG Köln (VG Köln, Urt. v. 14.11.2024 – 4 K 4809/23 = ZStV 2025, 100 mAnm. Stolte, anhängig OVG NRW – 16 A 2801/24) wieder einmal zeigt, für die Gestaltungs- und Umgestaltungsmöglichkeiten von überragender Bedeutung, weshalb hier eine besondere Sorgfalt von einem Berater abverlangt wird. Denn der historische Stifterwille kann im Stadium vor der Errichtung noch „moduliert“ werden. Ist die Anerkennung hingegen bereits erfolgt, so ist der Stifterwille § 83 Abs. 2 BGB entsprechend und dem darin zum Ausdruck kommenden Trennungs- und Erstarrungsprinzip gemäß, wonach der Stifter der Stiftung nach Anerkennung gegenübersteht wie ein außenstehender Dritte (mwN. BeckOGK BGB/Jakob/Picht/Kopp, 1.9.2024, § 83 Rn. 3 f.; MüKoBGB/Weitemeyer, 10. Aufl. 2025, § 80 Rn. 25, vgl. auch Werner/Saenger/Fischer, Die Stiftung/Fischer/Nissel, 2. Aufl. 2019, § 7 Rn. 44 f.), unabänderlich (ausführlich zur Perpetuierung des Stifterwillens Beyer ZStV 2024, 203, 207 f.). Ist also der Stifterwille einmal gesetzt, ist damit gleichzeitig der Rahmen zukünftiger Gestaltungsoptionen gezogen. Und zwar ebenso unabänderlich, wie der Stifterwille selbst. In der Literatur wird aus diesem Grund vor allem eine Dokumentation des Stifterwillens empfohlen (BeckOGK/Jakob/Picht/Kopp, 1.9.2024, § 83 Rn. 3; Schuck/Medinger ZEV 2021, 298, 300; mwN. Schwalm NotBZ 2022, 81, 88; ders. ZStV 2021, 219, 225). Die Nutzbarkeit einer Dokumentation des Stifterwillens gerät ihrerseits da an Grenzen, wo etwa die Gestaltungsbefugnisse des Stifters nicht auf die Stiftung mit Anerkennung übergehen. Dies ist etwa bei den §§ 81 Abs. 4 Satz 1, 83b Abs. 3, 85 Abs. 4 Satz 1, 2 BGB der Fall. Auch in dem vorliegenden fiktiven Fall geht es um solche Gestaltungsgrenzen. Die Ausgestaltungen von Verbrauchstiftung und „Ewigkeitsstiftung“ – oder besser Dauerstiftung – sind, wie noch näher ausgeführt wird, unterschiedliche nicht beliebig untereinander austauschbare Rechtsformen. Genau dieser Umstand wirft bei der Gestaltung von Satzungen Fragen auf, die anhand des Sachverhalts und einigen Variationen davon erläutert und verdeutlicht werden sollen.
7. C. Begriffsbestimmung: Dauerstiftung
Zunächst soll noch kurz etwas zum häufig verwendeten Begriff der „Ewigkeitsstiftung“ geschrieben werden. Dieser Begriff versucht die auf unbestimmte Zeit errichtete Stiftung zu bezeichnen, was leider jedoch zu Missverständnissen führen kann. Denn er suggeriert eine unendliche Existenz dieses Stiftungstypus, mit der die Stiftung jedenfalls geplant werden müsse. Nach allgemeiner Auffassung (MüKoBGB/Weitemeyer, 10. Aufl. 2025, § 80 Rn. 39; BeckOK BGB/Stürner, 73. Ed. 1.2.2025, § 82 Rn. 5; Burgard/Burgard, 2023, § 80 Rn. 80, vgl. auch § 82 Rn. 33; Werner/Saenger/Fischer, Die Stiftung/Fischer/Nissel, 2. Aufl. 2019, § 7 Rn. 28; BoKoStiftR/Andrick, 1. Aufl. 2023, § 82 Rn. 25, mit Verweis auf den nicht angenommen Reg.-Entwurf, BT-Drs. 14/8765, der jedoch nahezu wortgleichen mit dem angenommenen Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drs. 14-8277 ist, siehe hierzu BT-PlPr. 14/233, 23242) und auch nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 14/8277 mit Verweis auf BT-Drs. 14-8277, 6 und BT-Drs. 14/8894, 10) können jedoch auch Stiftungen, die auf unbestimmte Zeit errichtet werden, zum Beispiel einen endlichen Zweck verfolgen. Solch eine zweckendliche Stiftung liegt etwa vor, wenn eine Stiftung ausschließlich zur Erbauung eines Objektes errichtet wird (Stolte BB 2024, 2691). Wenn das Objekt vollendet ist, ist der Zweck erreicht und weil eine Stiftung definitionsgemäß einen Zweck haben muss, vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1 BGB, und deren Existenz daher ohne Zweck nicht gerechtfertigt werden kann, muss die Stiftung beendet werden. Von einer Ewigkeit kann bei diesen Stiftungen also keine Rede sein. Eine genauere Bezeichnung, die alle Formen der auf unbestimmte Zeit errichteten Stiftung erfasst, ist daher Dauerstiftung, welcher fortan verwendet wird.
8. D. Abwandlung: keine Satzungsermächtigung
Zum Beginn der Besprechung soll der Fall zunächst so betrachtet werden, als ob es keine Satzungsregelung gäbe. Es wird also der Frage nachgegangen, wie sich G in eine Dauerstiftung umgestalten kann, etwa durch Organbeschluss (zur methodischen Bedeutung des Begriffs der „Umgestaltung“ BeckOGK BGB/K. W. Lange, 1.3.2025, § 85 Rn. 29). Ausgangssituation ist, dass die Möglichkeit der Umgestaltung einer Verbrauchsstiftung in eine Dauerstiftung sich dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen lässt. Geregelt ist zunächst nur der umgekehrte Fall, dass eine Dauerstiftung in eine Verbrauchsstiftung umgestaltet wird. Nach § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB steht dieses Instrument zur Verfügung, wenn die Voraussetzungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BGB vorliegen. Dann darf die Dauerstiftung auch abweichend von § 83c BGB durch Satzungsänderung in eine Verbrauchsstiftung umgestaltet werden, indem die Satzung um Bestimmungen nach § 81 Abs. 2 BGB ergänzt wird. Eine Umwandlung erfolgt also im Zuge einer Satzungsänderung und würde ohne diese gesetzliche Regelung gegen § 83c BGB, also dem Vermögenserhaltungsgrundsatz verstoßen. Denn bei einer Verbrauchsstiftung handelt es sich nach dem Leiturteil des VG Gelsenkirchen (VG Gelsenkirchen, Urt. v. 12.7.2018 – 12 K 499/18 = ZStV 2018, 174; sich dem anschließend VG Ansbach ZStV 2021, 215, 217 mAnm. Schwalm; MHdb. GesE V/Schwake, 5. Aufl. 2021, § 79 Rn. 97; Werner/Saenger/Fischer, Die Stiftung/Winheller, 2. Aufl. 2019, § 6 Rn. 88; Weidlich/Huh ZStV 2020, 104, 107) um eine von der Dauerstiftung zu unterscheidende, unabhängige Sonderform. Eine Verbrauchsstiftung ist also kein „wesensgleiches Minus“ zur Dauerstiftung und hat auch keine Auffangfunktion, sondern ist ein eigener Typus von Stiftung. Sie ist ein sog. Aliud zur Dauerstiftung. Weil der Stifter über die Rechtsform der juristischen Person (als Essentialia der Willenserklärung in Form des Stiftungsgeschäfts) entscheiden muss, muss sich auch der Wille zur Errichtung einer Verbrauchsstiftung bzw. einer Dauerstiftung aus dem Stiftungsgeschäft ergeben. Anderenfalls kann eine Anerkennung nicht erfolgen. Eine Umgestaltung iSd. § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB muss dem folgend dann auch mit dem historischen Stifterwillen vereinbar sein. Gibt es einen eindeutigen historischen Stifterwillen, der die Rechtsform Verbrauchsstiftung ablehnt, lässt das Recht insoweit auch keinen Raum für einen mutmaßlichen Stifterwillen (VG Gelsenkirchen ZStV 2018, 174, 176 f.). Ohnehin lässt § 80 Abs. 1 Satz 1 BGB keinen Raum für einen mutmaßlichen Stifterwillen bei Zweckänderungen übrig (Schick, Das Argument des „mutmaßlichen Stifterwillens“, 2021, Seite 269; vgl. zum neuen Recht auch BT-Drs. 19/28173, 69; Beyer ZStV 2024, 203, 207). Auch die Umgestaltung in eine Verbrauchsstiftung ist wohl als Zweckänderung einzuordnen (BeckOGK BGB/K. W. Lange, 1.3.2025, § 85 Rn. 29), weshalb es auch hier keinen Platz für den mutmaßlichen Stifterwillen geben kann. Zwar werden die Anforderungen an eine Umgestaltung mitunter als zu hoch empfunden (etwa BoKoStiftR/Janitzki, 1. Aufl. 2023, § 81 Rn. 312), was eine legitime rechtspolitische Kritik darstellt. Am Auslegungsergebnis des Gesetzes mag dies freilich nichts ändern.
9. Kurz zusammengefasst lässt sich festhalten, dass eine Umgestaltung nur im Einklang mit dem historischen Stifterwillen genehmigungsfähig ist und auch einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf, da sonst gegen § 83c BGB und den darin enthaltenen Vermögenserhaltungsgrundsatz verstoßen werden würde. § 83c BGB regelt die Verwaltung des Grundstockvermögens, was zu erhalten ist, und dessen Früchte, die für die Zweckverwirklichung einzusetzen sind. Eine Verbrauchsstiftung hat gemäß § 83b Abs. 1 Satz 2 BGB nur sonstiges Vermögen hat. Danach kann sie also grundsätzlich nicht gegen § 83c BGB verstoßen. Auch wenn man § 83c BGB so weit analog, das heißt über seinen Wortlaut hinaus, heranziehen wollen würde, wie der Verbrauchsplan den Erhalt des Vermögens vorsieht, läge in dem Erhalt des Vermögens gerade keine Verletzung des Vermögenserhaltungsgrundsatzes vor. An der Analogiefähigkeit der Norm kann ohnehin stark gezweifelt werden, weil der Gesetzgeber die Regelung bewusst nur für die Dauerstiftung erstellt hat. Soweit von einem mit der Zeit abschmelzenden („pro-rata-temporis“) Grundstücksvermögen bei Verbrauchsstiftungen gesprochen wurde (Beyer ZStV 2024, 203, 209), wurde damit die Rechtsform Verbrauchsstiftung als Stiftungstypus eingeordnet. Dem liegt zwar die Annahme einer womöglich inhaltsgleichen Pflicht zum Erhalt eines bestimmten Teils des Vermögens zu Grunde. Damit ist aber noch nichts über eine Analogie gesagt. Jedenfalls kann eine Verbrauchsstiftung nicht gegen § 83c BGB verstoßen.
10. Nach § 83b Abs. 4 Satz 2 BGB darf das Stiftungsvermögen nur für den Stiftungszweck eingesetzt werden, was auch aus § 80 Abs. 1 BGB abgeleitet werden kann (MüKoBGB/Weitemeyer, 10. Aufl. 2025, § 83b Rn. 37; BoKoStiftR/Fritz, 1. Aufl. 2023, § 83b Rn. 34). Wie sich aus § 83b Abs. 1 BGB ergibt, besteht das Stiftungsvermögen aus Grundstockvermögen, was eine Verbrauchsstiftung nicht hat, und sonstigem Vermögen, welches für den Zweck einzusetzen ist. Vermögen, das nicht vom Vermögenserhaltungsgebot gemäß § 83c BGB oder nach dem Verbrauchsplan als zu erhaltendes Vermögen erfasst wird, ist nach § 83b Abs. 4 Satz 2 BGB und § 80 Abs. 1 BGB folglich für den Stiftungszweck einzusetzen. Wird dies unterlassen, stellt das folgerichtig einen Verstoß dar. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll eine Verbrauchsstiftung eben kein Grundstockvermögen haben können, sondern das gesamte Vermögen während ihrer „Lebenszeit“ verbrauchen (BT-Drs. 19/28173, 69). Zurecht wird daher der Schluss gezogen, dass eine unbefristete Verbrauchsstiftung mit den §§ 80 ff. BGB nicht zu vereinbaren ist (Stolte BB 2024, 2691 f.).
11. Da eine Verbrauchsstiftung, die sich ohne Satzungsgrundlage zur Dauerstiftung umgestalten will, gegen § 83b Abs. 4 Satz 2 BGB und § 80 Abs. 1 BGB verstoßen würde, bedarf es hierfür einer gesetzlichen Ausnahmeregelung gleich dem § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB. Da uns keine direkt zur Seite steht, lässt sich nur prüfen, ob § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB auch auf unseren Fall analog angewendet werden kann. Voraussetzung jeder Analogie ist eine vergleichbare Interessenlage zwischen dem geregelten und dem (vermeintlich) ungeregelten Sachverhalt sowie eine planwidrige Regelungslücke. Jedenfalls fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Um die Voraussetzung einer vergleichbaren Interessenlage bejahen zu können, müsste lediglich auf das Scheitern des zur Zeit der Anerkennung vorliegenden ursprünglichen Lebensfähigkeitskonzepts abgestellt werden. Dies kann aber nicht überzeugen. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob die vorgestellte Lösung zwar wünschenswert, aber „nur“ die Reaktion auf eine vermeidbare Schwierigkeit ist, oder die Schwierigkeit unvermeidbar ist und deshalb eine Lösung verlangt. Für die Dauerstiftung besteht schlicht die Möglichkeit eines „Weiter-so“ nicht länger. Der Verbrauchsstiftung, die zu gut gewirtschaftet hat oder in sonst einer Weise Vermögen aufbauen konnte, steht die Möglichkeit offen, das Lebensfähigkeitskonzept des Stifters ohne weiteres auch weiterhin wie geplant zu erfüllen. Etwa indem weitere Spenden oder Zustiftungen nicht mehr angenommen werden. Während bei der notleidenden Dauerstiftung also gestalterische Handlungen notwendig sind, ist der Eingriff in den Stifterwillen im Falle der fabelhaft aufgestellten Verbrauchsstiftung nicht durch eine sachliche Notwendigkeit gerechtfertigt. Unabhängig vom Stifterwillen muss auch folgende Betrachtung einbezogen werden. Das Interesse einer Dauerstiftung ist in Fällen der Umgestaltung auf das Fortsetzen bzw. Wiederherstellen einer „nachhaltigen“ Zweckverwirklichung gerichtet, was nur mit dem Verbrauch des Grundstockvermögens möglich ist. Als Alternative bleibt ihr andernfalls nur die Beendigung. Das Interesse, das eine Verbrauchsstiftung an einer Umgestaltung zur Dauerstiftung hat, ist der Wille zur Zweckverwirklichung auf unbegrenzte Zeit. Diese Interessen sind schlicht nicht vergleichbar iSd. Analogievoraussetzung. Ein Wunsch ist eben nicht gleich einer Not. Die Umgestaltung einer Verbrauchsstiftung in eine Dauerstiftung ist damit jedenfalls nicht ohne Satzungsermächtigung möglich. G kann sich in diesem Fall daher nicht zur Dauerstiftung umgestalten, und zwar unabhängig davon, ob der historische Stifterwille mit einer Umgestaltung in Einklang zu bringen ist.
12. Von diesem Fall zu unterscheiden ist die Konstellation, dass eine (notleidende) Dauerstiftung in eine Verbrauchsstiftung umgestaltet wird, sich anschließende „erholt“ und nun zurückgewandelt werden soll. Denn in diesem Fall wird nicht in den Stifterwillen eingegriffen, was gerechtfertigt sein muss, sondern ein bereits erfolgter Eingriff wird zurückgenommen. An anderer Stelle wurde hierzu ausgeführt, dass eine Analogie hier greift und auch ein Widerruf der behördlichen Genehmigung in Betracht kommt (Beyer ZStV 2021, 161, 164 f.) Zu Recht wurde gegen letzteres eingewendet, dass der Widerruf der behördlichen Genehmigung für sich betrachtet nicht den Umwandlungsbeschluss der Stiftungsorgane beseitigt (MüKoBGB/Weitemeyer, 10. Aufl. 2025, BGB § 85 Rn. 18). Wie sogleich näher erläutert wird, ist solch eine Genehmigung lediglich Wirksamkeitsvoraussetzung. Sie kann den zu genehmigenden Beschluss daher nicht ersetzen, der durch einen Widerruf auch nicht gegenstandslos wird. Eine Analogie ist in diesen Fällen jedoch möglich, da in beiden Konstellationen die Stiftung an veränderte Vermögensverhältnisse unter Beachtung des historischen Stifterwillens angepasst wird.
13. E. Satzungsgestaltung möglich?
Nun kann sich der Beurteilung der im Sachverhalt angegebenen Satzungsermächtigung zur Umgestaltung gewidmet werden. Als erstes ist zu klären, ob diese Satzungsgestaltung überhaupt wirksam ist. Denn auch wenn die Stiftung zunächst entsteht, muss dies nicht bedeuten, dass das Stiftungsgeschäft wirksam geworden ist. Selbst wenn dem so wäre, können dennoch Teile des Stiftungsgeschäfts unwirksam sein. Dies resultiert daraus, dass der hoheitliche Akt der Anerkennung lediglich Wirksamkeitsvoraussetzung des privatrechtlichen Stiftungsgeschäfts ist, was im Übrigen auch auf die Genehmigung von Satzungsänderungen zutrifft. Die Wirkung der Anerkennungsentscheidung erschöpft sich daher in der Ausstattung einer Stiftung mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit. Keine Folge der Ausstattung mit Rechtspersönlichkeit, also die Eigenschaft Träger von Rechten und Pflichten sein zu können, ist, dass zivilrechtliche Mängel des Stiftungsgeschäfts durch Anerkennung geheilt werden (mwN. Beyer JuS 2025, 343, 346). Die entsprechende Satzungsgestaltung kann also von der Stiftungsbehörde anerkannt worden sein und muss doch keine rechtliche Wirkung haben. Gleiches gilt, wenn der Satzungsinhalt durch eine vorangegangene Satzungsänderung Einzug in die Ausformulierung der Satzung gefunden hat.
14. Eine Zulässigkeit kann sich aus § 85 Abs. 4 Satz 2 BGB ergeben. Hiernach ist der Stifter ermächtigt im Stiftungsgeschäft Satzungsänderungen durch Organe der Stiftung auch abweichend von den § 85 Abs. 1 bis 3 BGB zu regeln. Die Organe selbst dürfen keine Abweichende Regelung durch Satzungsänderung treffen. Mit § 12 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 der Satzung hat S eine Form der Satzungsänderung abweichend von § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB im Stiftungsgeschäft geregelt, nämlich der Umgestaltung einer Stiftung von einem Typus in einen anderen. Dies könnte für die Zulässigkeit der Klausel sprechen. Allerdings ist zu beachten, dass der Gesetzgeber sich deutlich gegen die Möglichkeit eines Grundstockvermögens für eine Verbrauchsstiftung ausgesprochen hat. Hierzu kann in der Begründung zu § 81 Abs. 2 BGB folgendes nachgelesen werden: „Die Satzung jeder Verbrauchsstiftung muss nach § 81 Absatz 2 Nummer 2 BGB-neu auch Bestimmungen zur Verwendung des Stiftungsvermögens enthalten, die die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks und den vollständigen Verbrauch des Stiftungsvermögens während der Zeit, für die die Verbrauchsstiftung errichtet wird, als gesichert erscheinen lassen. Diese Satzungsbestimmungen müssen sicherstellen, dass bei Verbrauchsstiftungen das gewidmete Vermögen kein Grundstockvermögen wird und auch später kein Grundstockvermögen gebildet werden kann, da das gesamte Stiftungsvermögen für den Stiftungszweck zu verbrauchen ist. Sie bilden die satzungsmäßige Grundlage für die Bestimmung in § 83b Absatz 1 Satz 2 BGB-neu, nach der das gesamte Vermögen von Verbrauchsstiftungen sonstiges Vermögen ist.“ (BT-Drs. 19/28173, 49). Besonders die Ausführung, dass eine Verbrauchsstiftung auch später kein Grundstockvermögen bilden können soll, spricht gegen die Zulässigkeit des § 12 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 der Satzung.
15. Nicht vernachlässigt werden darf aber, dass in der Erläuterung zu den Anforderungen an die Satzung von Verbrauchsstiftungen ergehen und nochmals § 83b Abs. 1 Satz 2 BGB in seiner Bedeutung betont wird. Der Gesetzgeber scheint mehr eine Besonderheit der Rechtsform Verbrauchsstiftung zu formulieren, welche den Stiftungstypus Verbrauchsstiftung von anderen und besonders der Dauerstiftung unterscheidet. Diese Ausführungen können also als allgemeine Ausführungen zu einer Rechtsformspezifika verstanden werden. Diese dienen also mehr der Klarstellung bezogen auf den numerus clausus der Rechtsformen, als dass die Erläuterungen Gestaltungsmöglichkeiten ausschließen wollen. Denn die Umgestaltung einer konkreten Stiftung von einem Typus Stiftung in einen anderen Stiftungstypus ist nicht schlechterdings als Verstoß gegen das Prinzip des numerus clausus der Rechtsformen zu werten. Dieses Prinzip besagt, dass sich der Stifter eine Rechtsform für sein Vorhaben aussuchen muss und dem Rechtsverkehr kein Phantasiegebilde als Rechtsubjekt vorsetzen darf (ausführlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, 96 ff.). Dieser Rechtsformzwang für sich genommen, schließt aber keine Umgestaltung aus, die einen Typenwechsel zur Folge hat. Hierfür spricht auch, dass die Gesetzesbegründung zu den Erläuterungen des § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB nur wiederholt und paraphrasiert schreibt, dass der Stifter im Stiftungsgeschäft über § 85 Abs. 1 bis 3 BGB disponieren, also durch die Satzung die Materie anders regeln kann. Dies auch in der Form, dass er die Voraussetzungen der Satzungsänderungen durch die Organe weniger streng ausgestaltet (BT-Drs. 19/28173, 67 f.). Die besseren Argumente sprechen daher für eine Gestaltungsbefugnis des Stifters, eine Umgestaltungsermächtigung für die Stiftungsorgane abweichend von § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB in der Satzung aufnehmen zu können, wonach eine Verbrauchsstiftung in eine Dauerstiftung umgewandelt werden kann (im Ergebnis auch Schauhoff/Mehren, StiftungsR/Kirchhain, 2. Aufl. 2024, Kap. 9 Rn. 42a).
16. F. Bestimmtheit der Satzungsgestaltung
Nachdem die Zulässigkeit des § 12 Abs. 5 der Satzung ermittelt wurde, muss noch geprüft werden, ob die Regelung den Anforderungen des § 85 Abs. 4 Satz 3 BGB standhalten kann. Nach § 85 Abs. 4 Satz 3 BGB sind nur diejenigen Klauseln mit Änderungsermächtigung wirksam, deren Inhalt und Ausmaß vom Stifter hinreichend bestimmt worden sind. Dieses Bestimmtheitsgebot soll Blanko- und Pauschalermächtigung ausschließen und erstreckt sich danach sowohl auf die Voraussetzungen für die Satzungsänderung als auch auf die Rechtsfolge. Mit „Ausmaß“ ist etwa gemeint, dass die Regelung des Stifters erkennen lassen muss, welche Materie abweichend von § 85 Abs. 1 bis 3 BGB geregelt wird (BT-Drs. 19/28173, 68; Burgard/Burgard, 2023, § 85 Rn. 115). Es muss also klar sein, welche Satzungsinhalte von den Organen geändert werden können sollen (Rechtsfolge). Die Änderungsermächtigung muss also aufführen, ob etwa der Zweck, die Zweckverwirklichung oder eine andere konkret zu bezeichnende Regelung geändert werden können soll.
17. Anhand dieses Maßstabs ist die Rechtsfolge des § 12 Abs. 5 Satz 1 der Satzung zu messen. § 12 Abs. 5 Satz 1 der Satzung setzt zwei mögliche Rechtsfolgen. Erste Variante ist, dass durch Satzungsänderung der Verbrauch des Stiftungsvermögens umgestaltet werden kann. Dies ermöglicht es G, Regelungen zum Verbrauch des Vermögens anzupassen. Hiervon wird auch die Möglichkeit erfasst, die zeitliche Existenz der Stiftung zu ändern. Entweder, weil die Satzung von G vorsieht, dass sie beendet wird, wenn das Vermögen aufgebraucht wird (zu Zulässigkeit dieser Gestaltung Burgard/Burgard, 2023, § 81 Rn. 109; MüKoBGB/Weitemeyer, 10. Aufl. 2025, § 81 Rn. 51; Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB/D. U. Otto, 10. Aufl., § 81, Stand: 4.2.2025, Rn. 21). Oder weil dies als Annexkompetenz hierzu miterfasst ist, soweit der Stifterwille dem nicht entgegensteht. Diese Variante setzt in jedem Fall aber noch einen Verbrauch nach der Änderung voraus, weil dieser „nur“ umgestaltet wird, was gleichzeitig als Abgrenzung zur zweiten Variante dient. Da nach der Gesetzesbegründung regelmäßig auch die Existenzdauer einer Verbrauchsstiftung prägende Bestimmung iSd. § 85 Abs. 2 BGB (BT-Drs. 19/28173, 68; siehe auch Schauer npoR 2022, 54, 55) und damit abänderbar ist, kann von der Zulässigkeit der Rechtsfolge des § 12 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 der Satzung ausgegangen werden.
18. Nach § 12 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 der Satzung kann die Stiftung durch die Organe ebenfalls in eine auf unbestimmte Zeit angelegte Stiftung umgestaltet werden. Auch diese Rechtsfolge lässt den Regelungsinhalt deutlich erkennen. Mithin kann also auch hier die Zulässigkeit festgestellt werden. Anders sähe dies aus, würde § 12 Abs. 5 der Satzung folgendermaßen umformuliert werden: „Der Vorstand kann mit Zustimmung des Kuratoriums den Verbrauch des Stiftungsvermögens durch Satzungsänderung umgestalten oder ausschließen, wenn …“ So verfasst zielt die sprachliche Fassung nicht auf einen Typenwechsel von einem zum anderen Stiftungstypus ab, sondern auf eine Verbrauchsstiftung mit einem nicht verbrauchbaren Vermögen. Dies aber widerspricht §§ 80 Abs. 1 Satz 2, 81 Abs. 2 BGB und dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 19/28173, 49, s. o. Rn. 14). Solch eine Regelung wäre mithin nicht zulässig und damit auch mit Anerkennung unwirksam.
19. Das Merkmal der inhaltlichen Bestimmtheit nach § 85 Abs. 4 Satz 3 BGB verlangt von der Regelung, dass die Voraussetzungen von Satzungsänderungsermächtigungen hinreichend genug bestimmt sind (Burgard/Burgard, 2023, § 85 Rn. 115). Die Gesetzesbegründung gestattet dabei dem Stifter, dass er Satzungsänderungen durch die Stiftungsorgane gegenüber § 85 Abs. 1 bis 3 BGB erleichtert. Allerdings muss an die Bestimmtheit umso höhere Anforderungen gestellt werden, je bedeutsamer die Änderungen sind, zu denen ermächtigt werden soll. Will der Stifter den Anforderungen nach § 85 Abs. 4 Satz 3 BGB gerecht werden, muss er also die Regelung bezogen auf die Voraussetzungen so gestalten, dass sie den Organen als Leitlinien und Orientierungspunkte für die Satzungsänderungen dient (BT-Drs. 19/28173, 68). Da das Gesetz unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, ist es dem Stifter bei abweichenden Regelungen ebenfalls nicht verwehrt, unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB/D. U. Otto, 10. Aufl., § 85, Stand: 5.12.2023, Rn. 19; BeckOGK/K. W. Lange, 1.3.2025, BGB § 85 Rn. 64; Burgard/Burgard, 2023, § 85 Rn. 116 ff.; Lorenz/Mehren DStR 2021, 1774, 1777; Schienke-Ohletz/Junius-Morawe, BB 2021, 1886, 1889; Schauer npoR 2022, 54, 57; Schauhoff/Mehren, StiftungsR/Kirchhain, 2. Aufl. 2024, Kap. 9 Rn. 42a; anders Feick/Schwalm NZG 2021, 525, 530; Schwalm ZEV 2021, 68, 71). Die Verwendung darf im Grundsatz nur nicht dazu führen, dass eine Änderung im Belieben der Organwalter steht (BT-Drs. 19/28173, 68).
20. § 12 Abs. 5 der Satzung stellt sowohl materielle Vorgaben als auch solche zum Verfahren auf. Zu den verfahrensmäßigen Vorgaben gehören die Zuständigkeitsregeln sowie das Zustimmungserfordernis. In materieller Hinsicht sind drei Tatbestände zu erfüllen. Nach § 12 Abs. 5 Satz 1 der Satzung müssen sich erstens die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und zweitens muss eine solche Änderung erforderlich sein, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Beide Tatbestände sind dem § 85 Abs. 2 Satz 1 BGB entnommen. Das Pendant der satzungsmäßigen Umgestaltungsermächtigung gemäß § 85 Abs. 1 Satz 4 BGB muss sich zwar den strengeren Voraussetzungen des § 85 Abs. 1 Satz 1 BGB unterordnen. Wie bereits festgestellt wurde, steht es dem Stifter offen, auch leichtere Voraussetzungen vorzugeben. Die hier gewählte Ausgestaltung bedient sich der nächst tieferliegenden Stufe des § 85 Abs. 2 BGB. Nach der Wertung des Gesetzes muss diese folglich als zulässig erachtet werden (vgl. Burgard/Burgard, 2023, § 85 Rn. 117). Insbesondere in Anbetracht dessen, dass § 12 Abs. 5 Satz 1 der Satzung für Var. 1 eine zusätzliche, dritte Voraussetzung aufstellt. Hiernach muss zusätzlich die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks auch ohne einen Verbrauch des Grundstockvermögens gesichert sein. Eine Umgestaltung in eine notleidende Stiftung soll nach der Regelungsintention des S hier offenbar vermieden werden. Die Gestaltungsvariante des § 12 Abs. 5 der Satzung kann folglich insgesamt als zulässig erachtet werden.
21. G. Auslegung und Anwendung von § 12 Abs. 5
Bleibt noch zu klären, ob denn nun auch die beabsichtigte Umwandlung tatsächlich durchgeführt werden kann, nachdem nun festgestellt ist, dass die Satzungsermächtigung wirksam ist. Zur Auslegung der ersten beiden Voraussetzungen kann sich grundsätzlich an der Auslegung des § 85 Abs. 2 BGB orientiert werden. Denn wenn der Stifter sich bei seinen Satzungsgestaltungen an einen Gesetzestext orientiert, der die gleiche Materie regelt und dem Stifter entsprechend bewusst sein wird, kann gut davon ausgegangen werden, dass er diese entsprechende Auslegung auch bei seiner Satzungsgestaltung vor den Augen hatte. Dies gilt jedenfalls solange, wie sich aus dem Stiftungsgeschäft nichts anderes ergibt.
22. Unter wesentlich veränderten Verhältnissen kann daher verstanden werden, dass sich die gesetzlichen oder tatsächlichen Rahmenbedingungen seit der Errichtung so verändert haben müssen, dass das derzeitige Handlungskonzept nach seiner Zielrichtung die Zweckerfüllung erschwert (mwN. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB/D. U. Otto, 10. Aufl., § 85, Stand: 5.12.2023, Rn. 32 f.; Beyer ZStV 2021, 161, 165;). Darunter muss jedenfalls für die Satzungsauslegung auch die Überkapitalisierung fallen, weil eine Umgestaltung in eine Dauerstiftung, die zu einer positiven Lebensfähigkeitsprognose führen soll, nur mit einem Kapitalüberhang denkbar ist. Vorliegend hat G derartig viele Vermögenszuwendungen erhalten, dass G weitere Vermögenszuwächse verhindern muss, damit keine Dauerpflichtverletzung durch Mittelfehlverwendung begründet wird. Die tatsächlichen Ausgabenfelder decken sich daher nicht länger mit der vom Stifter prognostizierten Kapitalisierung von G. Um eine entsprechende Pflichtverletzung zu vermeiden, muss das Handlungskonzept, also die verbindlich festgelegten konkreten Schritte, Zuständigkeiten, Ressourcen und Kontrollmechanismen zur Umsetzung des Stiftungszwecks, daher angepasst werden.
23. Der Bezug der Erforderlichkeit zu den veränderten Verhältnissen macht deutlich, dass zwischen der Änderung und der darauffolgenden Anpassung eine kausale Beziehung existieren muss. Die anvisierte Maßnahme muss sich also als Reaktion auf die Änderung darstellen. Anlasslose Maßnahmen werden gleichzeitig durch diese Voraussetzung ausgeschlossen. Erforderlich kann im Einklang mit § 83 Abs. 2 BGB auch immer nur die Änderung sein, welche die geringste Eingriffsintensität in den ursprünglichen Stifterwillen hat. Aufgrund der hohen Kapitalisierung der G ist geplant, dass die G von einer Verbrauchsstiftung, die ihr ganzes Vermögen innerhalb eines gewissen Zeitrahmens für den Zweck einsetzt, in eine Dauerstiftung umgestaltet wird. Hierdurch ist G nicht länger an einen Verbrauchsplan und ein bestimmtes Beendigungsdatum, bis das gesamte Vermögen aufzubrauchen ist, gebunden. Dies versetzt G in die Lage, die eingenommenen Vermögenszuwächse effektiver in die Zweckverwirklichung zu investieren und weitere erwartete Zuwendungen annehmen zu können. Auch wollte S ursprünglich eine Dauerstiftung errichten und hat sein Handlungskonzept erst später aufgrund der geringen Erstausstattung angepasst. Dieser Umstand spricht daher dafür, dass der Eingriff bzw. die Lösung vom historischen Stifterwillen nicht schwer ist. Eine Anpassung der Ausgaben oder der Existenzdauer von G haben daher keine geringere Eingriffsintensität. Gerade auch in Anbetracht dessen, dass eine ewige Verbrauchsstiftung von den §§ 80 ff. BGB nicht gewollt ist (Rn. 10). Die Umgestaltung kann daher als erforderlich iSd. § 12 Abs. 5 Satz 1 der Satzung angesehen werden. Würde es hingegen keinen entsprechenden historischen Stifterwillen geben oder feststellbar sein, dann würde es an der Erforderlichkeit der Änderung ermangeln.
24. Dritte und letzte materielle Voraussetzung ist nach § 12 Abs. 5 Satz 1 der Satzung, dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks auch ohne einen Verbrauch des Grundstockvermögens gesichert sein muss. Die Regelung antizipiert die ohnehin bestehende Lebensfähigkeitsprognose, die bei einer dergestaltigen Satzungsänderung anzustellen ist (Schauhoff/Mehren, StiftungsR/Kirchhain, 2. Aufl. 2024, Kap. 9 Rn. 42a). Bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung wird man davon ausgehen können, dass die Vermögenszuflüsse erheblich genug waren, um ein entsprechend ertragreiches Grundstockvermögen aufbauen zu können. Hierfür spricht auch der Umstand, dass weiter Zuwendungen als Folge des Kapitalüberhangs nicht mehr angenommen werden können.
25. Dem Vorstand ist letztlich zu raten, die neue Satzung mit Zeitvorlauf und unter frühzeitiger Einbindung der Aufsicht zu entwerfen. Es wird keine neue Stiftung errichtet, weshalb bei der, wie anzunehmen ist, doch recht umfassenden Satzungsänderung immer der historische Stifterwille zu berücksichtigen und zur größtmöglichen Entfaltung zu bringen ist. Denn mit einer gründlich durchdachten Satzungsgestaltung ist es auch einer Stiftung möglich, auf nahezu alle Eventualitäten adäquat und rechtskonform reagieren zu können. Wie der Fall zeigt, kann so auch auf einen Umstand reagiert werden, den man zwar erhoffen mag, aber nicht erwartet. Vorausgesetzt, ein entsprechender, den historischen Stifterwillen berücksichtigender Satzungsentwurf liegt vor, steht der Umgestaltung nun nichts mehr im Weg.
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26. H. Ergebnisse der Analyse
Eine Umwandlung einer Verbrauchsstiftung in eine auf Dauer angelegte Stiftung (Dauerstiftung) ist grundsätzlich nur möglich, wenn dies ausdrücklich durch die Satzung erlaubt ist und mit dem historische Stifterwille in Einklang zu bringen ist. Ohne eine solche Satzungsermächtigung fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage für die Umgestaltung; eine analoge Anwendung von § 85 Abs. 1 S. 4 BGB scheidet für die meisten Fälle aus, da Verbrauchs- und Dauerstiftung unterschiedliche Stiftungstypen sind und keine vergleichbare Interessenlage besteht. Die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind daher eng und setzen eine sorgfältige Beachtung des ursprünglichen Stifterwillens voraus.
27. I. Fazit für die Praxis
Die Analyse hat verdeutlicht, dass Voraussetzung für eine gute Beratung auch Kenntnisse von kleinteiligen Materien ist. Denn hätte S nicht in der Errichtung mit der Satzungsgestaltung die Möglichkeit einer Umwandlung eröffnet, wäre eine Umwandlung schlicht nicht möglich. Und zwar unabhängig davon, ob ein entsprechender Stifterwille dokumentiert worden ist oder nicht. Eine nachträgliche dementsprechende Satzungsklausel lässt das Gesetz zum heutigen Stand nicht zu.
28. Auch zeigt der Fall auf, dass die Auffassung, eine Satzung möglichst schlank zu halten, im Recht der selbstständigen Stiftung des bürgerlichen Rechts nicht überzeugen kann. Neben Regelungen, die akut notwendig sind, muss eine entsprechend durchdachte Satzungsgestaltung etwa auch dasjenige regeln, was zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr stiftungsautonom geregelt werden kann. Hierzu zählen auch insbesondere Regelungen über Satzungs- bzw. Verfassungsänderungen. Die vom Gesetzgeber mit § 85 Abs. 4 BGB bereitgestellte Möglichkeit sollte angenommen werden. Denn § 85 Abs. 1 bis 3 BGB kann auch ohne Berücksichtigung des Stifterwillens geändert werden.
29. Ist eine Verbrauchsstiftung geplant, sollte in jedem Fall abgeklärt werden, ob es dem Stifter tatsächlich um eine zeitlich begrenzte Zweckverfolgung geht oder ob dies nicht den Umständen geschuldet ist. In letzterem Fall empfiehlt sich eine entsprechende Regelung, die wie eine Versicherung womöglich nie gebraucht wird, aber anders als eine Versicherung, wenn überhaupt, keine erheblichen Mehrkosten verursacht. Im Fall der Fälle freut sich jedoch der Versicherte, wie sich der Stifter bzw. die Stiftung freut.
Beyer JdS 2025, 2 Rn. 1-29