Voraussetzungen der Steuerbefreiungen nach § 13 I Nr. 15, 17 ErbStG zur Steuerbefreiung von Zuwendungen an eine dem Umwelt- und Klimaschutz sowie der Förderung einer Gaspipeline dienenden Stiftung des Landes Mecklenburg-Vorpommern – Klimastiftung muss Schenkungssteuer zahlen
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 31.1.2024 – 1 K 231/22 (anhängig BFH – II R 12/24)
Redaktionelle Leitsätze:
- Zuwendungen sind keine Zweckzuwendungen iSd. § 1 Abs. 1 Nr. 3 iVm. § 8 ErbStG, wenn die Zuwendung nicht mit einer die Bereicherung des Erwerbers mindernden Auflage verbunden ist, zugunsten eines bestimmten Zwecks verwendet zu werden. Die Auflage gegenüber einer Stiftung, das ihr Zugewandte satzungsgemäß zu verwenden, mindert die Bereicherung der Stiftung nicht.
- Vermögen geht nur dann „auf Grund eines Stiftungsgeschäfts“ iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG über, wenn die Stiftung ihre durch das Stiftungsgeschäft festgelegte Erstausstattung erhält. Die Vorschrift ist nicht auf (spätere) Zustiftungen anzuwenden.
- Ein „ausschließlicher“ Zweck des Landes iSd. § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG liegt nur dann vor, wenn den Anforderungen an die Verwendung von Steuermitteln durch den Staat genügen wird und setzt eine hinreichend konkrete Vorgabe des verfolgten Zwecks durch den Staat selbst voraus. Gemeint sind – mit anderen Worten – diejenigen Fälle, in denen der Zuwendende nur zur „Abkürzung des Zahlungsweges“ nicht an den Staat, sondern direkt an den nichtstaatlichen Leistungsempfänger zahlt.
- Ist die Zwecksetzung weit gefasst und hat der Empfänger hinsichtlich der Zweckverwirklichung einen eigenen von den politischen Entscheidungsträgern rechtlich unabhängigen weiten Ermessenspielraum, fehlt es an einer Ausschließlichkeit iSd. § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2 Alt. ErbStG.
- Ob einer anderen Auffassung zu folgen ist, wonach eine Zuwendung erst dann nicht mehr „ausschließlich“ Zwecken des Staates diene, wenn sie zugleich anderen, nicht privilegierten Zwecken diene, kann dahingestellt bleiben. Im konkret vorliegenden Fall würde es auch nach dieser Auffassung an einer Ausschließlichkeit iSd. § 13 Abs. 1 Nr. 15, 2. Alt. ErbStG mangeln.
- Die Verwendung einer Zuwendung zu einem gemeinnützigen Zweck ist dann gesichert iSd. § 13 Abs. 1 Nr. 17 EStG, wenn sie erfolgt oder beaufsichtigt wird durch eine öffentliche Behörde oder einen öffentlichen Beamten in amtlicher Eigenschaft, eine Religionsgesellschaft oder einen Geistlichen kraft seiner kirchlichen Stellung. Die Verwendung ist dagegen nicht ohne Weiteres als gesichert anzusehen, wenn sie einem Erben, Testamentsvollstrecker oder einer anderen Privatperson oder einem nicht rechtsfähigen Verein aufgetragen ist, der nach seiner Organisation keine Gewähr für die dauernde Zweckerfüllung bietet. Gemessen an diesem Maßstab ist die Verwendung einer Zuwendung an eine Stiftung nicht gesichert, wenn der Stiftungszweck weitergefast ist als die Auflag. Denn dann hat die Stiftungsaufsicht keine gesetzliche Grundlage für ein Einschreiten.
Zur hinreichenden Bestimmtheit von Satzungsbestimmungen bezüglich der Vermögensbindung
FG Niedersachsen, Urt. v. 25.4.2024 – 10 K 70/21 (anhängig BFH – V R 10/24)
Redaktionelle Leitsätze:
- Nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO iVm. § 61 Abs. 1 AO liegt eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Der Funktion eines Buchnachweises nach § 60 Abs. 1 AO entsprechend darf dabei weder auf außerhalb der Satzung getroffene Vereinbarungen noch auf Regelungen in anderen Satzungen Bezug genommen und auch nicht auf die steuerbegünstigten Zwecken tatsächlich entsprechende Geschäftsführung verwiesen werden. Die Regelungen über die Vermögensbindung bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks müssen vielmehr in der Satzung selbst getroffen werden, indem genau bestimmt wird, wer das Vermögen zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke erhalten (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 AO) oder für welchen konkreten Zweck das Vermögen in diesen Fällen verwendet werden soll (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 AO).
- Eine Satzungsregelung, nach der das gemeinnützige Vermögen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft anfallen soll, wobei Letztere das Vermögen nur unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige und mildtätige Zwecke verwenden darf, genügt diesen Bestimmtheitsanforderungen nicht. Eine solche Satzungsregelung lässt nicht erkennen, an welche konkrete Empfangskörperschaft das steuerbegünstigt angesammelte Vermögen später übergehen und/oder zur Verwirklichung welcher konkreten steuerbegünstigten Zwecke dieses eingesetzt werden muss. Der Bezug auf „gemeinnützige“ und „mildtätige“ Zwecke stellt allenfalls eine grobe Orientierung dar, ist jedoch keine individualisierte und überprüfbare Zweckbindung des Vermögens.
Angabe der Vertretungsberechtigten einer GbR als Zulässigkeitsvoraussetzung
VG Darmstadt, Beschl. v. 2.5.2024 – 5 L 2819/23.DA (Revision zugelassen)
Amtliche Leitsätze:
- Zur Auslegung kritischer Äußerungen zu staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie sowie zur medialen Berichterstattung hierüber mit Blick auf eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Betroffenen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) WaffG (hier: verneint).
- Es spricht viel dafür, dass § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) WaffG auch verfassungsfeindliche Parteien umfasst, deren Verfassungswidrigkeit noch nicht durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt worden ist; das verfassungsrechtliche Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 und 4 GG dürfte einer entsprechenden Gesetzesauslegung nicht entgegenstehen (hier: offengelassen).
- Eine verfassungsfeindliche Partei unterstützt im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 lit. c) WaffG, wer für diese – auch erfolglos – bei Wahlen kandidiert.
- Die sich aus der Mitgliedschaft in oder aus der Unterstützung einer verfassungsfeindlichen Partei ergebende, generalisierende Annahme der waffenrechtlichen Regelunzuverlässigkeit des Betroffenen kann durch sein tatsächliches Verhalten im konkreten Einzelfall ausnahmsweise ausgeräumt sein.
- Dies ist jedenfalls bei einem langjährigen ehrenamtlichen Stadtrat der Fall, welcher seitens des Landes Hessen mittels eines Landesehrenbriefes für sein kommunalpolitisches Engagement geehrt wurde. Sowohl die Betätigung als kommunaler Wahlehrenbeamter wie auch die Verleihung des Landesehrenbriefs setzen die Verfassungstreue des Einzelnen sowie sein Eintreten für demokratische Werte voraus.
Einordnung von Ausschüttungen eines US-Trusts als Schenkungen iSd. § 7 Abs. 1 Nr 9 Satz 2 ErbStG verstößt nicht gegen die in Art. 63 Abs. 1 AEUV geregelte Kapitalverkehrsfreiheit.
FG München, Urt. v. 3.7.2024 – 4 K 2034/16 (Revision zugelassen; siehe auch FG München, Urt. v. 3.7.2024 – 4 K 2033/16, Revision zugelassen)
Amtlicher Leitsatz:
Die Einordnung von Ausschüttungen eines US-Trusts als Schenkungen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG verstößt nicht gegen die in Art. 63 Abs. 1 AEUV geregelte Kapitalverkehrsfreiheit.
Redaktionelle Leitsätze:
- Zwischenberechtigter einer ausländischen Stiftung iSd. 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG ist, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über eine Rechtszuständigkeit an dem in der Vermögensmasse gebundenen Vermögen und/oder an den durch die Vermögensmasse erzielten Erträgen verfügt, sei es in Gestalt dinglichen Rechts oder in Gestalt schuldrechtlicher Ansprüche. Nicht zwischenberechtigt ist, wer über keine Rechte an der Vermögensmasse oder Ansprüche gegenüber der Vermögensmasse verfügt.
- Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG erstreckt sich auf Ausschüttungen aus der Vermögenssubstanz wie auch aus den Erträgen. Es besteht kein Anlass, insoweit eine teleologische Reduktion vorzunehmen. Die Vorschrift stellt allein auf den Erwerb während des Bestehens der Vermögensmasse ab. Sie differenziert nicht danach, ob der Erwerb aus dem Vermögen oder den Erträgen erfolgt.
- Diese für ausländische Stiftungen entwickelten Grundsätze gelten gleichermaßen auch für andere Vermögensmassen ausländischen Rechts, einschließlich anglo-amerikanischen Trusts. Ausländische Stiftungen sind lediglich ein Unterfall der in § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG genannten Vermögensmassen ausländischen Rechts. Es gibt keinen Grund, zwischen verschiedenen Arten ausländischer Vermögensmassen zu differenzieren, zumal auch „Stiftungen“ unter unterschiedlichen Rechtsordnungen unterschiedlichen Rechtscharakter haben können.
- Bei einem Trust-Vertrag nach dem Recht des Staates Delaware (USA), bei dem der Begünstigte des Trusts ein festes Recht auf das Vermögen und/oder die Erträge des Trusts hat – da die Ausschüttungen oder Zahlungen weder in ihrer Höhe noch ihrem Zeitpunkt im Ermessen der Verwalter liegen –, ist der Begünstigte Zwischenberechtigter iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG.
- Bei solch einem Trust-Vertrag handelt es sich im Übrigen auch um eine Vermögensmasse ausländischen Rechts iSd. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG, da er unwiderruflich ist und eine selbständige Vermögensmasse bildet.
- Schließlich verstößt die Belastung einer solchen Trustausschüttung mit Schenkungsteuer und ESt auch nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil sie zu keiner verfassungswidrigen, übermäßigen, d.h. konfiskatorischen Besteuerung führt. Da aus Art. 14 GG keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze im Sinne eines „Halbteilungsgrundsatzes“ abzuleiten ist, verstößt selbst eine Gesamtbelastung von (rund) 60 % des erworbenen Vermögens nicht gegen das Übermaßverbot.
Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung (linksunten)
LG Karlsruhe, Urt. v. 12.7.2024 – 5 Kls 540 Js 44796/22 (OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.6.2023 – 2 Ws 2/23; LG Karlsruhe, Beschl. v. 16.5.2023 – 5 KLs 540 Js 44796/22)
Redaktionelle Leitsätze:
- 85 Abs. 2 StGB setzt die objektive Existenz einer Vereinigung der in § 85 Abs. 1 StGB bezeichneten Art im Zeitpunkt der Vornahme der Unterstützungshandlung voraus. Die (Fort-)Existenz der ursprünglich verbotenen Vereinigung muss im Einzelfall anhand konkreter Anhaltspunkte festgestellt werden. Aus dem Umstand einer fortdauernden Existenz einer Archivseite, die über die Tätigkeit einer verbotenen Vereinigung vor und während eines Verbotsverfahren berichtet, kann nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass auch die verbotene Vereinigung fortexistiert. Anders ausgedrückt ist ein „Online-Denkmal“ nicht gleichbedeutend mit dem Fortbestand einer verbotenen Vereinigung.
- Auch ansonsten lässt sich in einer Gesamtschau nicht feststellen, dass die hier konkret verbotene Vereinigung (linksunten) fortbesteht.
Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Darlegung der Vertretung einer Stiftung unzulässig
BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 17.7.2024 – 2 BvR 504/24 (OLG Koblenz, Beschl. v. 1.3.2024 – 2 Ws 25/24; LG Trier, Beschl. v. 12.12.2023 – 2a KLs 5 Js 30/15)
Redaktioneller Leitsatz:
Macht eine juristische Person (hier eine Stiftung) Angaben zur Vertretung in der Weise, dass an einer Stelle eine Vertretung durch zwei Vorstandsmitglieder erfolge und an anderer Stelle, dass der gesetzliche Vertreter der Vorstandsvorsitzende ist, ist dies widersprüchlich. Da das widersprüchliche Vorbringen bereits die organschaftliche Vertretung betrifft, handelt es sich nicht nur um einen (ausnahmsweise) auch nach Ablauf der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG behebbaren Mangel der Vollmacht iSd. § 22 Abs. 2 BVerfGG. Daraus folgt, dass die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG genügen kann und mithin unzulässig ist.
Reichweite des § 50 I Nr. 2 VwGO bei bestandskräftigen Vereinsverboten
BVerwG, Beschl. v. 2.8.2024 – 6 A 3.24
Redaktionelle Leitsätze:
- Der Wortlaut von § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO knüpft nicht an eine bestimmte Klageart, sondern daran an, dass sich die Klage gegen ein Verbotsbescheid eines Vereins oder einer Ersatzorganisation richtet. Daher sind von der Zuständigkeitsregelung nicht nur Anfechtungsklagen iSd. § 42 Abs. 1 VwGO erfasst, sondern sämtliche Streitigkeiten, die um die – ursprüngliche – Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit eines solchen Verbots geführt werden. Da es sich bei den erst- und letztinstanzlichen Zuständigkeiten des BVerwG nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO um Ausnahmen zu § 45 VwGO handelt, ist die Norm eng auszulegen. Klagen gegen Verfügungen, die ihrem materiellen Gehalt nach kein Vereinsverbot enthalten, werden daher nicht von der Spezialvorschrift des § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO erfasst.
- Anträge, die nicht die ursprüngliche Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit des Betätigungsverbots betreffen, sondern auf eine Aufhebung der mit dem Verbot verbundenen Wirkungen für die Zukunft durch die Verwaltungsgerichte gerichtet sind, können keine Zuständigkeit des BVerwG nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO begründen.
Vereinsverbot als Instrument des „präventiven Verfassungsschutzes“ auch ggü Medienorganisationen/-unternehmen (COMPACT)
BVerwG, Beschl. v. 14.8.2024 – 6 VR 1.24
Amtlicher Leitsatz:
Ein Vereinsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann als Instrument des „präventiven Verfassungsschutzes“ auch gegenüber zum Zweck der Verbreitung von Nachrichten und Meinungsbeiträgen gegründeten Medienorganisationen erlassen werden (wie BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020 – 6 A 1.19 – BVerwGE 167, 293 Rn. 34 ff.). (Rn. 13)