Katholisches Krankenhaus darf seinen Ärzten die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen untersagen
ArbG Hamm Urt. v. 8.8.2025 – 2 Ca 182/25 (anhängig: LAG Hamm – 18 SLa 685/25)
Redaktionelle Leitsätze:
- Das Direktionsrecht nach § 106 Sätze 1 und 2 GewO berechtigt die katholische Kirche als Trägerin eines Krankenhauses in der Funktion als Arbeitgeberin ihren angestellten Ärzten zu untersagen, Schwangerschaftsabbrüche in der Klinik sowie vorsorglich auch in der von den Ärzten privat betriebenen Arztpraxen durch Beschränkung der Nebentätigkeitsgenehmigung durchzuführen. Die der Weisung zugrunde liegende Haltung der Kirche wird durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 WRV geschützt.
- Eine betriebliche Übung, die derartige „Leistungen“ gestattet, entsteht nicht durch die Duldung des vormaligen Trägers des Krankenhauses. Im konkreten Fall fehlt es bereits an einem kollektiven Tatbestand sowie einer „Leistung“ an den Arbeitnehmer.
- Die Tatsache, dass die Klinik sowohl von einem katholischen wie einem evangelischen Träger betrieben wird, ändert an der Rechtslage im Ergebnis nichts; denn auch ein Arbeitgeber, der sich möglicherweise nicht auf den besonderen Status mit bestehenden Rechten und Pflichten der katholischen Kirche, Art. 137 WRV iVm. § 140 GG berufen kann, ist berechtigt, zu entscheiden, dass in seinem Betrieb Schwangerschaftsabbrüche nur eingeschränkt durchgeführt werden dürfen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 106 Sätze 1 und 2 GewO.
Vertragliche Übernahme eines Mietzinses zugunsten einer gGmbH ist Spende
FG Münster, Urt. v. 2.9.2025 – 1 K 102/23
Redaktionelle Leitsätze:
- Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Spenden Ausgaben, die von einem Steuerpflichtigen freiwillig und ohne Gegenleistung zur Förderung der gesetzlich festgelegten Zwecke geleistet werden. Hierunter wird in erster Linie ein Handeln verstanden, zu dem man rechtlich nicht verpflichtet ist. Daneben wird aber auch ein Handeln aufgrund einer freiwillig eingegangenen rechtlichen Verpflichtung als ausreichend angesehen.
- Zahlungen, die aufgrund einer freiwillig eingegangenen „Patronatserklärung“ getätigt werden, wonach sich der Zuwendende verpflichtet, einer gGmbH monatlich wenigstens den Betrag für einen bestimmten Mietzins zuzuwenden, sind freiwillige und gegenleistungslose Ausgaben, also Spenden iSd. § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG. Dies gilt auch dann, wenn der Zuwendende gleichzeitig Vermieter der Räumlichkeiten ist, solange der Mietvertrag einem Drittvergleich standhält.
- Ob es bei dem Abschluss des Mietvertrags absehbar ist, dass der Mietzins nicht ohne entsprechende Spenden entrichtet werden kann, ist irrelevant. Gemeinnützigen Organisationen ist es gemein, dass sie auf Spenden angewiesen sind.
Zum Prinzip der Selbstkostendeckung des KCanG
VG Karlsruhe, Urt. v. 19.9.2025 – 7 K 1861/25
Amtliche Leitsätze:
- 25 Abs. 1 LVwVfG statuiert keine umfassende Pflicht der Behörde, eventuelle (Rechts-)Fehler eines Antrages aufzudecken und fortlaufend Gelegenheit zur Richtigstellung zu geben. Denn es bleibt grundsätzlich originäre Aufgabe der die Erlaubnis beantragenden Person, der Behörde die Prüfung möglicher Versagungsgründe anhand vollständiger, umfassender und in sich schlüssiger Unterlagen zu ermöglichen.
- Die nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 KCanG von der Behörde zu treffende Prognoseentscheidung (vgl. BT-Drucks 20/8704, S. 106 und BT-Drucks 20/10426, S. 129), die voller gerichtlicher Überprüfung unterliegt, muss auf substanziellen Anhaltspunkten beruhen. Die Versagung der Erlaubnis kommt nicht erst bei einer sicheren oder nahezu sicheren Erwartung künftiger Verstöße in Betracht, sondern bereits dann, wenn aufgrund objektiver Tatsachen mehr für als gegen den Eintritt eines Verstoßes spricht.
- Nach dem in § 25 KCanG verankerten Prinzip der Selbstkostendeckung dürfen Anbauvereinigungen nach dem Konsumcannabisgesetz ausschließlich nicht gewinnorientierte Ansätze verfolgen (vgl. BT-Drucks 20/8704, S. 102 zu § 11 Abs. 2 KCanG).
- Anhaltspunkte für einen möglichen Verstoß gegen das Prinzip der Selbstkostendeckung können sich aus der Satzung der Anbauvereinigung ebenso ergeben wie aus einer prognostizierten Gewinnermittlung.
- Angesichts des strikten Selbstkostendeckungsprinzips ist von einer Anbauvereinigung zu erwarten, dass diese schlüssige und belastbare Werte ihrer Fixkosten – notfalls unter nachvollziehbarer Schätzung der Positionen – ebenso beibringen kann wie eine plausible Übersicht erwartbarer Einnahmen. Während diese Werte naturgemäß nicht mit Gewissheit vorherzusehen sind, müssen sie jedenfalls plausibilisiert werden und dürfen insbesondere zu den übrigen Angaben nicht im Widerspruch stehen.
Ehemaliger Präsident des Deutschen Anwaltvereins unterfällt der Sozialversicherungspflicht
LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 9.10.2025 – L 14 BA 39/24 (SG Berlin, S 73 BA 61/19; siehe auch SG Berlin, Urt. v. 18.4.2024 – S 210 BA 196/20, Rechtsprechungsübersicht Juli 2024)
Redaktionelle Hinweise (Pressemitteilung Nr. 20251029 vom 29.10.2025):
Der 14. Senat des Landessozialgerichts hat mit seinem Urteil vom 9. Oktober 2025 die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt. Der ehemalige Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV) sei in den Betrieb des DAV arbeitsteilig eingegliedert und in die satzungsgemäße Ordnung eingebunden gewesen. Ihm habe die Gesamtverantwortung für die laufenden Geschäfte oblegen. Bei der Erfüllung seiner Aufgaben sei er den Entscheidungen der Mitgliederversammlung und des Präsidiums unterworfen gewesen, so dass er ihm nicht genehme Beschlüsse nicht habe verhindern können. Es habe auch kein die Versicherungspflicht ausschließendes Ehrenamt vorgelegen.
Ausführliche Leitsätze zum Thema finden Sie unter dem Aktenzeichen S 210 BA 196/20 in der Rechtsprechungsübersicht Juli 2024.
Kein Rechtsschutz eines Stiftungsorganwalters gegen Bestellung eines Sachwalters
OVG Münster, Beschl. v. 31.10.2025 – 16 B 663/24 (VG Arnsberg, Beschl. v. 28.6.2024 – 12 L 1191/23)
Amtlicher Leitsatz:
§ 8 Abs. 3 StiftG NRW zur Bestellung eines Sachwalters gewährt weder den Stiftungsorganen noch deren Mitgliedern Drittschutz.
Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung zwischen inländischen und ausländischen Familienstiftungen ist zulässig
EuGH, Urt. v. 13.11.2025 – C-142/24 (FG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 – 7 K 217/21)
Tenor:
Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 in der durch das Übereinkommen über die Beteiligung der Republik Bulgarien und Rumäniens am Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass
er vorbehaltlich der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf eine Familienstiftung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zum Stifter nur bei inländischen, einer Ersatzerbschaftsteuer unterliegenden Stiftungen berücksichtigt wird, mit der Folge, dass auf diese Stiftungen eine günstigere Steuerklasse angewandt wird als auf ausländische Familienstiftungen, die dieser Steuer nicht unterliegen.

