Durchbrechung der Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses nur bei extremen Verstößen – Kind nicht mehr Hannover 96-Chef
BGH, Beschl. v. 16.4.2024 – X ARZ 101/24 (ArbG Berlin, Beschl. v. 7.2.2024 – 57 Ca 521/24; AG Berlin-Köpenick v. 25.10.2023 – 4 C 157/22 (2))
Amtliche Leitsätze:
- Eine Durchbrechung der Bindungswirkung eines nach § 17a Abs. 1 GVG ergangenen Verweisungsbeschlusses kommt allenfalls bei extremen Verstößen gegen die den Rechtsweg und seine Bestimmung regelnden materiell- und verfahrensrechtlichen Vorschriften in Betracht (Bestätigung von BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 – X ARZ 326/17, NJW-RR 2018, 250 Rn. 19; Beschluss vom 16. April 2019 – X ARZ 143/19, BeckRS 2019, Rn.13).
- Ein derart extremer Verstoß liegt nicht schon dann vor, wenn ein Amtsgericht, das den Rechtsstreit bereits auf der Grundlage von § 281 ZPO an ein Arbeitsgericht verwiesen hat, den Rechtsstreit nach Rücksendung der Akten auf der Grundlage von § 17a GVG erneut an dasselbe Arbeitsgericht verweist (Abgrenzung zu BAG, Beschluss vom 21. Dezember 2015 – 10 AS 9/15, NZA 2016, 446).
Facebook-Sperre einer Vereinsseite ohne Angabe von Gründen rechtswidrig
LG Düsseldorf, Urt. v. 18.4.2024 – 14d O 1/23
Redaktionelle Leitsätze:
- Das LG Düsseldorf ist international für kartell- oder deliktsrechtliche Ansprüche zuständig, die gegen ein Social-Network-Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung geltend gemacht wurden. Eine Gerichtsstandsvereinbarung und Rechtswahlklausel aus den AGB erfassen bei der gebotenen engen Auslegung diese Ansprüche nicht, selbst wenn die Klauseln wirksam einbezogen worden sind.
- Ein gemeinnütziger Verein, der einmalige und regelmäßige Online- und Präsenzveranstaltungen wie Ausstellungen, Konzerte, Film- und Seminarreihen, Workshops, Masterclasses, Talks und Vorträge, bei denen der diskursive Austausch zwischen Filmschaffenden, Künstlern und Publikum im Mittelpunkt steht, organisiert, befindet sich im Wettbewerb mit anderen Film- und Kultureinrichtungen. Eine Sperrung von dessen Facebook-Konto, das er zur Werbezwecken nutzt, und die damit einhergehende Abschneidung eines Kommunikationskanal begründet einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung iS. einer Behinderung gem. § 19 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 GWB, wenn eine vorherige oder unverzüglich nach der Sperrung erfolgte Begründung und Anhörung nicht erfolgt sind.
- Ferner ist auch ein Nachweis konkreter nachteiliger Marktfolgen für die Bejahung eines Behinderungsmissbrauch nicht erforderlich. Behinderungsmissbrauchs liegt auch dann vor, wenn andere Kommunikationskanäle, wie eine Website oder andere Netzwerke, zur Verfügung stehen.
Kommunale Förderung eines Sportvereins
VGH München, Beschl. v. 25.4.2024 – 4 ZB 23.950 (VG München, Urt. v. 22.3.2023 – M 31 K 19.4797)
Redaktioneller Leitsatz:
Eine Förderrichtlinie, nach der nur Vereine gefördert werden, ist dahingehend zu untersuchen, ob der Begriff „Verein“ nur die Rechtsform des eingetragenen Vereins oder auch andere rechtliche Beziehungen erfasst. Wird von dem Begriff „Verein“ mehr als nur der eingetragene Verein iSd. BGB erfasst, können Fördermittel der letzten 16 Jahre nicht mit der Begründung zurückgefordert werden, dass vereinsrechtliche Verstöße vorlägen.
Verschleierung des individuellen Sponsorings für wissenschaftliche Erklärvideos auf YouTube
LG München I, Endurt. v. 30.4.2024 – 1 HK O 5527/23
Redaktioneller Leitsatz:
Wird in einem auf Youtube veröffentlichten „Erklärvideo“ vor einem Segment, das eine leicht zugängliche Erklärung zu einem wissenschaftlichen Thema beinhalten soll, ein Segment vorangestellt, indem gegen Bezahlung ein Produkt vorgestellt wird, aber der Warencharakter nicht ausreichend erkennbar ist, ist dies wegen des Verstoßes gegen das Trennungs- und Kennzeichnungsgebot als unlauter nach § 22 MStV bzw. § Abs. 1 Nr. 1 TMG iVm. § 3a UWG zu werten. Keine ausreichende Kenntlichmachung ist eine kurze Einblendung des Schriftzugs „Enthält bezahlte Werbung“, auch wenn unterhalb des Videos ein Hinweis auf den Werbecharakter gegeben wird, da die Verkaufsförderung dienende Werbung nicht von dem redaktionellen Beitrag unterschieden werden kann.
Angabe der Vertretungsberechtigten einer GbR als Zulässigkeitsvoraussetzung
FG Berlin-Brandenburg, Gerichtsbescheid v. 6.5.2024 – 16 K 3081/22 (Revision zugelassen)
Amtlicher Leitsatz:
Ein Grundstückswertfeststellungsbescheid, der nicht alle Feststellungsbeteiligten (z. B. außer dem Schenkungsempfänger auch den Schenker) benennt, ist zumindest rechtswidrig und auf rechtzeitige Anfechtung hin aufzuheben; offen bleiben konnte, ob er nichtig ist.
Ermessensausübung bei Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainer
OVG Münster, Urt. v. 16.5.2024 – 11 A 2072/23 (VG Düsseldorf – 16 K 3154/22)
Amtliche Leitsätze:
- Die Gemeinde darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung bei der Bescheidung von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Straßen durch die Straßenbaubehörde generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien).
- Insbesondere ist in diesem Rahmen eine Begrenzung der Standorte und der Anzahl der dort maximal aufzustellenden Altkleidersammelcontainer zum Schutz des Stadt- und Straßenbildes und der Vermeidung einer „Übermöblierung“ des öffentlichen Verkehrsraums mit verkehrsfremden Gegenständen möglich.
- Das bei der Bescheidung von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nach § 18 Abs. 2 StrWG NRW eingeräumte Ermessen für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern darf nicht auf eine gebundene Entscheidung reduziert werden.
- Soll nach den Ermessensrichtlinien das Ermessen dahingehend ausgeübt werden, dass im Regelfall keine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainern erteilt wird und wird der Regelfall als das Aufstellen eines Altkleidersammelcontainers von einem gewerblichen oder gemeinnützigen Aufsteller im öffentlichen Straßenraum definiert, so sind mit dem so formulierten Regelfall alle in der Praxis denkbaren Konstellationen im Rahmen des Aufstellens von Altkleidersammelcontainern von vornherein erfasst, ohne dass ein Anwendungsbereich für einen atypischen Fall verbliebe.
Ermessensausübung bei Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Altkleidersammelcontainer
OVG Münster, Urt. v. 16.5.2024 – 11 A 1429/23 (VG Köln – 21 K 5949/19)
Amtliche Leitsätze:
- Die Kommune darf ihr Ermessen zur Bewirkung einer gleichmäßigen Handhabung bei der Bescheidung von Anträgen auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Straßen durch die Straßenbaubehörde generell ausüben, etwa durch den Erlass ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften (Ermessensrichtlinien).
- Ermessensrichtlinien, die die Ausübung von Ermessen bei der Entscheidung über einen konkreten Antrag auch in atypischen Sonderfällen oder Ausnahmefällen nicht vorsehen, reduzieren das nach § 18 Abs. 2 StrWG NRW eingeräumte Ermessen auf eine gebundene Entscheidung.
- Der in § 19 Satz 1 StrWG NRW zum Ausdruck gebrachte Grundsatz, dass der Gemeinde Satzungsautonomie für die Befreiung bestimmter Sondernutzungen von der Erlaubnispflicht sowie für die Regelung der Ausübung, nicht aber für das ausnahmslose Verbot einer bestimmten Art von Sondernutzung oder jeglicher Sondernutzung zusteht, ist auch dann betroffen, wenn die Gemeinde ein ausnahmsloses Verbot einer bestimmten Art der Sondernutzung nicht im Rahmen einer Satzung, sondern als – ebenfalls die Verwaltung bindende – Verwaltungsvorschrift formuliert.
Unvereinbarkeit der FIFA-/UEFA-Vorabgenehmigungsregeln mit Europäischem Kartellrecht
Handelsgericht Madrid Nr. 17, Urt. v. 24.5.2024 – 150/2021 (Handelssache 249.1.4)
Redaktioneller Hinweis:
Das Gericht hat Art. 22, 70, 71, 72 FIFA-Statuten, Art. 6 RSTS, Art. 49, 51 UEFA-Statuten für mit Art. 101-102 AEUV unvereinbar erklärt.
Durchsuchungs- und Sicherstellungsanordnung nach Vereinsverbot eines Motoradclubs
VG Minden, Urt. v. 29.5.2024 – 11 K 432/22
Redaktionelle Leitsätze:
- Eine besondere Anordnung der Sicherstellung nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VereinsG bedarf es nur, wenn sich die beschlagnahmte Sache im Gewahrsam Dritter befindet. Sachen, deren Gewahrsam durch den Vorstand des verbotenen Vereins vermittelt wird, stehen nicht im Gewahrsam Dritter. In diesen Fällen liegen die Voraussetzungen eines Sicherstellungsbescheides gegenüber dem Vorstand nicht vor.
- Der Annahme eines Vereinsgewahrsams steht nicht entgegen, dass die Sachen vom Vorstand im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erworben und von diesem die Sachen in seinen bewohnten Räumlichkeiten aufbewahrt wurden.
Keine Übertragung der Grundsätze der Repräsentantenhaftung auf § 111 Satz 1 SGB VII
BGH, Urt. v. 11.6.2024 – VI ZR 133/23 (OLG Köln, Urt. v. 23.3.2023 – 10 U 89/21; LG Köln, Urt. v. 18.11.2021 – 14 O 330/20)
Amtlicher Leitsatz:
Die zu § 31 BGB entwickelten Grundsätze der Repräsentantenhaftung sind nicht auf § 111 Satz 1 SGB VII zu übertragen.
Anrechnungsmethode für Einkünfte eines beim Staatsorchester angestellten Musikers nach dem DBA Luxemburg 2012
FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.6.2024 – 1 K 1767/23 (Revision zugelassen)
Amtlicher Leitsatz:
Die der Berufsgruppe „Musiker / Künstler“ eingeräumte abkommensrechtliche Sonderstellung stellt einen sachlichen Grund für die Verständigung der Vertragsstaaten auf die Anrechnungsmethode dar.
Energiepreispauschale für Rentner
VG Gelsenkirchen, Urt. v. 24.6.2024 – 12 K 4879/23
Amtliche Leitsätze:
- Der Dansk Skoleforening for Sydslesvig e.V. ist kein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.
- Die Beschränkung der Energiepreispauschale für Rentner auf bestimmte Personenkreise verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Hausverbot durch eine öffentlich-rechtliche Stiftung
VG Berlin, Beschl. v. 28.6.2024 – VG 1 L 156/24
Redaktionelle Leitsätze:
- Spricht eine öffentlich-rechtliche Stiftung ein dauerhaftes Hausverbot aus, ist das Hausverbot nach der Zwei-Stufen-Theorie ein Verwaltungsakt und die Streitigkeit öffentlich-rechtlich, auch wenn sich die öffentlich-rechtliche Stiftung dabei auf eine zivilrechtliche Grundlage stützt.
- Erweckt ein Verwaltungsakt (hier das Hausverbot) den Anschein ,zivilrechtlicher Natur‘ zu sein, ist die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Formvorschrift nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht ausschlaggebend, da es gegen ein zivilrechtliches Hausverbot keinen einem Formerfordernis unterliegenden Widerspruch gibt.
Rechtsweg für eine Schadensersatzklage gegen einen Organvertreter des Arbeitgebers wegen Datenschutzverstößen und Persönlichkeitsrechtsverletzung
LAG Düsseldorf, Beschl. v. 1.7.2024 – 3 Ta 85/24 (ArbG Duisburg, Beschl. v. 21.3.2024 – 3CA7724 3 Ca 77/24)
Amtlicher Leitsatz:
Für die Schadensersatzklage eines Arbeitnehmers gegen die Organvertreterin seines Arbeitgebers (hier: Präsidentin bzw. Vorstandsvorsitzende eines Vereins) wegen datenschutzrechtlicher Verstöße und einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Offenlegung von Gesundheitsdaten in einem Mitgliederrundbrief an knapp 10.000 Vereinsmitglieder ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. d) ArbGG eröffnet.
Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen zwei arbeitsgerichtliche Verurteilungen zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns für die Mitarbeit in einem Yoga- und Meditationszentrum
BVerfG, Beschl. v. 2.7.2024 – 1 BvR 2231/23; 1 BvR 2244/23 (zu 1 BvR 2231/23: BAG, Urt. v. 25.4.2023 – 9 AZR 254/22; LAG Hamm, Urt. v. 17.5.2022 – 6 Sa 1248/21; ArbG Detmold, Urt. v. 15.10.2021 -3 Ca 696/20; zu 1 BvR 2244/23: BAG, Urt. v. 25.4.2023 – 9 AZR 253/22; LAG Hamm, Urt. v. 17.5.2022 – 6 Sa 1249/21; ArbG Detmold, Urt. v. 15.10.2021 – 3 Ca 732/20; siehe auch Rechtsprechung im Überblick Juni 2023 und Rechtsprechung im Überblick Juni 2024)
Tenor:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht gerecht wird (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) und es an einem Annahmegrund fehlt (§ 93a Abs. 1 BVerfGG, vgl. BVerfGE 111, 1 <4 f.>). Es kann dahinstehen, ob die Annahme des Bundesarbeitsgerichts, bei dem Beschwerdeführer, einem „(…)“-Verein, handele es sich nicht um eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft, mit Art. 4 Abs. 1 1 und Art. 4 Abs. 2 Grundgesetz vereinbar ist. Denn es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens geleisteten Dienste der Aufrechterhaltung des Beherbergungs- und Seminarbetriebs des Vereins und des Vertriebs von Yoga-Produkten, um deren arbeitsrechtliche Beurteilung es hier geht, für sich genommen religiös geprägt waren.
- Von einer weiteren Begründung der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
- Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Zur Vertretung im Jagdvorstand
OVG Greifswald, Beschl. v. 3.7.2024 – 1 M 117/24 OVG (VG Greifswald, Beschl. v. 26.2.2024 – 4 B 1911/23 HGW; LG Bad Kreuznach, Urt. v. 23.9.2005 – 2 O 42/05)
Amtliche Leitsätze:
- Die Jagdbehörde kann im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach den jagdrechtlichen Vorschriften nur solche Aussagen gegenüber Dritten treffen, die sachlich richtig sind.
- Der potentielle Eigenjagdbezirksinhaber muss sich einen beim Eintritt der Voraussetzungen für die Entstehung des Eigenjagdbezirks laufenden Pachtvertrag entgegenhalten lassen.
- Die Frage, ob der Jagdvorstand beim Abschluss des Änderungsvertrages ordnungsgemäß besetzt war, berührt die Frage der ordnungsgemäßen Vertretung, nicht aber das Schriftformerfordernis.
- Ist ein Mitglied des Jagdvorstandes zugleich Pächter, kann er die Jagdgenossenschaft mit Blick auf § 181 BGB bzw. §§ 26 ff. BGB nicht wirksam vertreten.
- Regelt die einschlägige Satzung, dass der Jagdvorstand bestimmte Ämter wahrzunehmen hat, so ist grundsätzlich eine personenidentische Ausübung mehrerer Ämter zulässig, soweit nicht die gesetzlich vorgesehen Mindestanzahl unterschritten wird.
DHB-Untersuchungskommission bietet nach summarischer Prüfung keine Gewähr für ein faires Verfahren – ehemaligen Chef- und Nationaltrainer der Juniorinnennationalmannschaft (U 20) siegt in zweiter Instanz
OLG Hamm, Beschl. v. 5.7.2024 – 8 W 15/24 (LG Dortmund, Beschl. v. 19.6.2024 – 17 O 19/24)
Redaktionelle Leitsätze:
- Es ist denkbar, dass aus einer Unterworfenheit unter Verbandsregeln gerichtlich durchsetzbare Ansprüche gegen einen Verband abgeleitet werden können, ohne dass der Unterworfene selbst direkt Mitglied im Verband ist.
- Die Einsetzung einer Aufarbeitungskommission stellt eine sonstige Maßnahme eines Vereins dar, die der gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
- Eine Vereinsmaßnahme wie die Einsetzung einer Untersuchungskommission, die Kompetenzen wahrnehmen soll, die satzungsgemäß anderen Vereinsorganen zustehen und für die es keine Satzungsmöglichkeit gibt, dass die Kompetenzen aus den zuständigen Organen ausgelagert werden können, ist rechtswidrig.
- Vereinsinterne Verfahren, die zu Vereinsmaßnahmen mit Sanktionscharakter führen können, haben die elementaren Verfahrensgrundsätze wie den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs zu gewähren. Diesem Anspruch wird ein Verfahren nicht gerecht, wenn der Betroffene nicht die Möglichkeit hat, sich mit den konkreten Vorwürfen auseinanderzusetzen, weil für den Betroffenen dadurch die Wahrnehmung seiner Rechte unzumutbar erschwert wird. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Vorwürfe vollständig anonymisiert sind und auch bleiben sollen.
Zur Zulässigkeit von elektronischen Mitgliederversammlungen
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.7.2024 – 3 Wx 69/24 (AG Duisburg, Beschl. v. 6.12.2023 – 23 AR 85/23)
Amtliche Leitsätze:
- Eine Satzungsbestimmung, die vorsieht, dass zu einer Mitgliederversammlung auf elektronischem Weg eingeladen wird und im Falle des Widerspruchs und der vollständigen Angabe der Postanschrift die Übersendung einer schriftlichen Einladung vorsieht, ist zulässig.
- Zulässig ist ebenso eine Satzungsregelung, wonach virtuelle oder hybride Mitgliederversammlungen per Video oder Telefonkonferenz stattfinden.
Keine Steuerbarkeit von Innenleistungen bei Organschaft
EuGH, Urt. v. 11.7.2024 – C-184/23 (BFH, Aussetzungs- und Vorlagebeschl. v. 26.1.2023 – V R 20/22; FG Niedersachsen, Urt. v. 16.10.2019 – 5 K 309/17)
Tenor:
Art. 2 Nr. 1 und Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten RL 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage sind dahin auszulegen, dass gegen Entgelt erbrachte Leistungen zwischen Personen, die ein und derselben Mehrwertsteuergruppe angehören, die aus rechtlich selbständigen, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbundenen Personen besteht und von einem Mitgliedstaat als einzige Steuerpflichtige bestimmt wird, selbst dann nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, wenn die vom Empfänger dieser Leistungen geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer abgezogen werden darf.
Fristlose Kündigung: Mainz 05 verliert gegen El Ghazi trotz antisemitischer Äußerungen
ArbG Mainz, Urt. v. 12.7.2024
Redaktioneller Hinweis (aus Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.07.2024):
Die Kammer hat festgestellt, dass der „post“ des Fußballspielers El Ghazi vom 01.11.2023 in Reaktion auf die Veröffentlichung einer Presseerklärung des Vereins vom 30.10.2023, der in seiner Gesamtheit aus Sicht eines unvoreingenommenen Publikums zu würdigen ist, noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Jedenfalls erweist sich unter Berücksichtigung des gesamten Zusammenhangs die Fortsetzung des befristeten Vertrags auch im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Treue- und Rücksichtnahmepflicht nicht als unzumutbar.
Keine Nichtigkeit der kompetenzwidrigen Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers
BGH, Urt. v. 16.7.2024 – II ZR 71/23 (OLG Celle, Beschl. v. 4.4.2023 – 9 U 102/22; OLG Celle, Hinweisbeschl. v. 7.2.2023 – 9 U 102/22; LG Hannover, Urt. v. 11.10.2022 – 32 O 119/22)
Amtliche Leitsätze:
- Gesellschafterbeschlüsse einer GmbH, die gegen die in der Satzung festgelegte, nicht auf zwingenden gesetzlichen Vorschriften beruhende Kompetenzverteilung verstoßen, sind lediglich anfechtbar. (Rn. 16)
- Die Abberufung eines Geschäftsführers durch die nach der Satzung dafür nicht zuständige Gesellschafterversammlung ist keine zustandsbegründende Satzungsdurchbrechung. (Rn. 43 und 46)
Kein Recht auf Beschränkung der Einsichtnahme in das Transparenzregister
VG Köln, Urt. v. 17.7.2024 – 13 K 5996/19 (Berufung zugelassen)
Redaktionelle Leitsätze:
- 23 Abs. 2 GwG ist hinsichtlich des „Ob“ der Beschränkung als gebundene Entscheidung ausgestaltet. Wenn die hohen Anforderungen der „außergewöhnlichen Umstände“ vorliegen, muss eine Beschränkung erfolgen. Insoweit handelt es sich bei § 23 Abs. 2 Satz 1 GwG um eine Koppelungsvorschrift, bei der die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Entscheidung (hier hinsichtlich des Ob) determiniert.
- 23 Abs. 2 Satz 1 GwG räumt hinsichtlich des Umfangs gleichwohl nach seinem Wortlaut („ganz oder teilweise“) der Behörde ein Ermessen der Beschränkung ein. Ein Anspruch auf eine vollständige Beschränkung ergibt sich danach nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null.
- Eine abstrakte Gefahr iSd. § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GwG ist dann gegeben, wenn der wirtschaftlich Berechtigte nach allgemeiner Lebenserfahrung typischerweise Opfer einer der Katalogstraftaten werden könnte. Erforderlich sind hinreichend dichte Tatsachenfeststellungen, aus denen sich das Vorliegen einer solchen abstrakten Gefahr ergibt. Das erforderliche Begründungsniveau kann nicht schematisch beurteilt werden. Pauschale Kriterien oder Grenzwerte bestehen nicht. Letztlich kommt es in einer Gesamtschau der Indizien darauf an, ob der Vortrag des wirtschaftlich Berechtigten außergewöhnliche Umstände zu belegen vermag.
- Zwar begründet ein beträchtliches Vermögen eine abstrakte Gefahr. Ist durch intensive Medienberichterstattung bereits allgemein bekannt, dass der Berechtigte vermögend ist, ergibt sich signifikante Risikoerhöhung darüber hinaus nicht aus den Angaben im Transparenzregister. Denn zur Begründung eines Beschränkungsanspruchs ist es notwendig, dass die Einsichtnahme eine abstrakte Gefahr begründet oder zumindest signifikant erhöht, Opfer einer Katalogstraftat zu werden.
„United Tribuns“ bleibt insgesamt verboten
BVerwG, Urt. v. 24.7.2024 – 6 A 5.22
Redaktionelle Leitsätze (nach Pressemitteilung Nr. 37/2024 vom 24.07.2024):
- Greift ein Kläger eine vereinsrechtliche Verbotsverfügung allein wegen seiner Inanspruchnahme als gebietliche Teilorganisation des verbotenen Vereins an, ist das gerichtliche Prüfprogramm eingeschränkt. Es umfasst lediglich die Vereinseigenschaft des Hauptvereins zum Zeitpunkt des Verbotserlasses, die Eigenschaft als Teilorganisation dieses Hauptvereins sowie eine etwa aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderliche Herausnahme aus dem Verbot. Die Verbotsgründe werden dagegen nicht geprüft. Wenn eine Vereinigung eine gebietliche Teilorganisation eines Vereins darstellt, wird sie nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG, ohne selbst einen Verbotsgrund erfüllen zu müssen, allein auf Grund ihrer Identität mit dem Gesamtverein von dessen Verbot erfasst, sofern dieses nicht ausdrücklich beschränkt wird.
- Die örtlichen Chapter sind als gebietliche Teilorganisationen des Hauptvereins „United Tribuns“ einzuordnen. Dies folgt vor allem aus der streng hierarchischen Struktur des Gesamtvereins. Die Chapter müssen sich in diese Struktur einfügen, da sie vom Hauptverein existentiell abhängig sind. Distanziert sich ein Chapter nicht von den strafgesetzwidrigen Zwecken, besteht kein Anlass, ein Chapter von dem Verbot auszunehmen.
FC Bayern siegt, teilweise – Viagogo muss Leerverkäufe stoppen
LG München I, Urt. v. 26.7.2024 – 37 O 2100/22
Redaktionelle Hinweise (nach Pressemitteilung 8 vom 26.07.2024):
- Die FC Bayern München AG habe ein legitimes Interesse an einem sozialen Preisgefüge, weshalb die in den „Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen“ enthaltene Beschränkung von (gewerblichen) Weiterverkäufen von Tickets wirksam ist.
- Die Kammer sah es insbesondere als nicht bewiesen an, dass die Beklagte selbst oder über gezielt eingesetzte Strohleute Tageskarten für Heimspiele der Fußballmannschaft der Klägerin in der Vergangenheit bezog oder beziehen ließ.
Hinweise zur Gesetzgebung
Die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung soll mit dem zweiten Jahressteuergesetz abgeschafft werden (Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen eines zweiten Jahressteuergesetzes 2024, S. 94).