Korruption durch Spenden an Verein
VG München, Urt. v. 1.10.2024 – M 19L DK 22.5596
Redaktioneller Orientierungssatz:
Werden Zuwendungen im Rahmen einer „Klimapflege“ zur Förderung eines allgemeinen Wohlwollens der Mitglieder der Polizeiinspektion gegenüber dem Zuwendenden an einem Verein geleistet, der die Leistungen an Beamte weiterleitet, kann die Annahme der Leistungen für den Beamten eine Vorteilsannahme darstellen und die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen.
Zur Besteuerung von Leistungen einer Schweizer Familienstiftung
BFH, Urt. v. 1.10.2024 – VIII R 25/21 (FG Hamburg, Urt. v. 20.8.2021 -6 K 196/20)
Amtliche Leitsätze:
- Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit einer Stiftungsleistung mit einer Gewinnausschüttung erfordert, dass die Stellung des Leistungsempfängers wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners entspricht. Die Leistung muss sich außerdem als Verteilung des erwirtschafteten Überschusses darstellen (Bestätigung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 28.02.2018 –VIII R 30/15, BFHE 261, 47).
- Die Stellung des Empfängers einer Stiftungsleistung entspricht wirtschaftlich derjenigen eines Anteilseigners, wenn er in seiner Person die Voraussetzungen erfüllt, die die Stiftungssatzung für einen Leistungsbezug aufstellt, er also zum Kreis der begünstigungsfähigen Personen gehört, und eine Gegenleistung nicht zu erbringen ist.
- Die Einräumung von Vermögens- oder Organisationsrechten durch die Stiftungssatzung, die die Rechtsstellung des Destinatärs darüber hinaus an die rechtliche Stellung eines Anteilseigners einer Kapitalgesellschaft annähern, ist nicht erforderlich.
Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung und Marktmissbrauch durch verbandsmäßige Festlegung von Vermarktungsrechten – Deutscher Skiverband obsiegt gegen FIS
LG München I, Endurt. v. 9.10.2024 – 37 O 7091/24
Redaktionelle Leitsätze:
- Nach § 1033 ZPO schließt eine Schiedsvereinbarung nicht aus, dass ein Gericht vor oder nach Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens auf Antrag einer Partei eine vorläufige oder sichernde Maßnahme in Bezug auf den Streitgegenstand des schiedsrichterlichen Verfahrens anordnet. Eine einfache Schiedsvereinbarung, die nicht explizit auch auf ein einstweiliges Verfügungsverfahren abstellt, kann demnach nicht dazu führen, dass der ordentliche Rechtsweg auch für den einstweiligen Rechtsschutz ausgeschlossen wird.
- Ein internationaler Zusammenschluss von nationalen Wintersportverbänden ist wirtschaftlich tätig, wenn er Veranstaltungen wie etwa Wintersportwettkämpfe organisiert, über seine Statuten sowie Regularien kontrolliert und die Verwertungsrechte vermarktet. Solch ein wirtschaftlich tätiger Verband ist als Unternehmensvereinigung iSd. Art. 101 Abs. 1 AEUV zu betrachten.
- Die mit Beschluss vom 26.04.2024 geänderten ICR Regularien verstoßen in Art. 206.3 und Art. 208.1.2 der Fassung Juli 2024 gegen § 33 Abs. 1 GWB in Verbindung mit Art. 101 und 102 AEUV. Sie bezwecken insbesondere eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung auf verschiedenen Märkten iSd. Art. 101 AEUV. Zudem nutzt die Verfügungsbeklagte unzulässig ihre marktbeherrschende Stellung im Sinne des Art. 102 AEUV aus.
- Eine Rechtfertigung gemäß den Grundsätzen der sogenannten Meca-Medina Rechtsprechung des EuGH kommt vorliegend nicht in Betracht, da in Fällen der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung die wettbewerbsfeindliche Absicht nicht durch vermeintlich gute Zwecke gerechtfertigt werden kann. Darüber hinaus stellen Ausstrahlungsrechte primär rein wirtschaftliche Interessen dar, die dem Meca-Medina Test nicht zugänglich sind.
Steuerliche Behandlung von Trustvermögen aus Guernsey – Keine Erbschaftsteuer auf intransparente Vermögensmasse
FG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.10.2024 – 3 K 41/17 (Revision zugelassen)
Redaktionelle Leitsätze:
- Das in einen intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbstständigen Trust (hier: „express trust“) eingelegte Vermögen ist dem Errichter nicht mehr zuzurechnen und unterliegt deshalb nach inländischem Erbrecht – unabhängig von dem ausländischen Personalstatut des Trusts (hier: Recht von Guernsey) – nicht mehr der gesetzlichen Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen. Ist dem Trust vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist es nur noch dem Trust zuzuordnen. Der Tod des Errichters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung. Etwas anderes gilt nur, wenn sich der Errichter der Vermögensmasse derart umfassende Herrschaftsbefugnisse vorbehalten hat, dass die Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann – dann steht das Vermögen einem Bankguthaben gleich und ist weiterhin dem Errichter zuzuordnen.
- Ob ein nach dem Recht von Guernsey errichteter Trust stiftungsrechtlich oder schuldrechtlich zu qualifizieren ist, kann vorliegend offenbleiben.
Grundbuchfähigkeit des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit
OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.10.2024 – 20 W 186/24
Amtlicher Leitsatz:
Der Verein ohne Rechtspersönlichkeit, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, ist mit dem Inkrafttreten des MoPeG uneingeschränkt grundbuchfähig.
Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung – Compact-Magazin musste nicht um Herausgabe von Vereinsvermögen gebeten werden um Verhältnismäßigkeit zu wahren
OVG Magdeburg, Beschl. v. 16.10.2024 – 3 P 122/24 (VG Magdeburg, Beschl. v. 25.6.2024 – 1 E 169/24 MD)
Amtlicher Leitsatz:
Ein der Durchsuchung nach § 10 Abs. 2 Satz 5 und § 4 Abs. 4 Satz 2 VereinsG vorgelagertes Ersuchen um Erteilung einer freiwilligen Auskunft über Gegenstände des Vereinsvermögens und über Beweismittel sowie um Herausgabe der betreffenden Gegenstände ist regelmäßig nicht zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme geboten.
Orientierungssätze des Gerichts:
- Gegenstand eines Vereinsverbots, das der präventiven Bekämpfung der mit dem zweckgerichteten Zusammenschluss mehrerer Personen einhergehenden Gefahren dient, ist die hinter dem Medium stehende Organisation, die sich der von ihr verlegten Druckerzeugnisse oder Telemedien zur Verfolgung ihrer Ziele bedient. (Rn.6)
- Ein weit gefasster Anwendungsbereich des Vereinsgesetzes entspricht einerseits der gefahrenabwehrrechtlichen Intention des Vereinsgesetzes und seinem Charakter als ein Instrument des „präventiven Verfassungsschutzes“. Art. 9 Abs. 2 GG ist insoweit – neben Art. 21 Abs. 2 und Art. 18 GG – Ausdruck des Bekenntnisses des Grundgesetzes zu einer „streitbaren Demokratie“. Andererseits dient ein weites Verständnis des Anwendungsbereichs des Vereinsgesetzes zugleich auch dem Schutz der Vereinigung. Ein Verbot darf nicht auf Meinungsäußerungen und Pressetätigkeiten gestützt werden, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG genießen. (Rn.7)
- Die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden sofort vollziehbaren Verbotsfeststellung (§ 3 Abs. 1 VereinsG) ist beim Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach § 10 Abs. 2 Satz 5 VereinsG nicht in vollem Umfang zu überprüfen, da dies jeweils in gesonderten Klage- oder Eilverfahren durch andere gerichtliche Spruchkörper zu geschehen hat. Vorzunehmen ist eine summarische Prüfung der für die Verbotsverfügung angeführten Gründe auf deren Schlüssigkeit und Plausibilität. In Fällen offenkundiger Mängel ist der Antrag auf Anordnung der Durchsuchung abzulehnen. (Rn.9)
- Im Hinblick auf Durchsuchungsanordnungen sind auch gattungsmäßige Umschreibungen zulässig. Problematisch wäre allein der Erlass einer Beschlagnahmeanordnung, die sich auf in Gegenstände bezieht, die lediglich in der beschriebenen Weise gattungsmäßig bezeichnet sind. (Rn.18)
Verpflichtung einer Sparkasse zur Eröffnung eines Girokontos, wenn noch kein Vereinsverbot durch die zuständige Stelle festgestellt wurde – Compact-Magazin wieder mit Bankverbindung
OVG Magdeburg, Beschl. v. 21.11.2024 – 4 M 149/24 (VG Halle, Beschl. v. 10.10.2024 – 3 B 263/24 HAL)
Amtliche Leitsätze:
- Eine Sparkasse kann als Anstalt des öffentlichen Rechts i.S.v. § 1 Abs 2 SpkG-LSA die Eröffnung und Führung eines Girokontos nur dann verweigern, wenn dies durch einen sachlichen Grund im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt ist.
- Insbesondere eine verfassungsfeindliche Zielsetzung stellt keinen Grund zur Ungleichbehandlung durch Vorenthaltung eines Girokontos dar, wenn ein Vereinsverbot nach Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. §§ 3 ff. VereinsG noch nicht förmlich durch die zuständige Stelle festgestellt wurde.
Zurechnung durch Sicherheitskraft begangener vorsätzlicher Körperverletzung auf Konzertveranstalter (hier: Sportverein)
OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 16.10.2024 – 9 U 85/22 (LG Hanau, Urt. V. 31.10.2022 – 4 O 1305/14)
Amtlicher Leitsatz:
Die Begehung einer vorsätzlichen Körperverletzung durch eine von einem örtlichen Verein für eine Konzertveranstaltung beauftragte Sicherheitskraft steht nicht mehr in einem inneren Zusammenhang mit der übertragenen Tätigkeit, wenn diese ohne ersichtlichen Grund oder Provokation erfolgt und auch ein außenstehender Beobachter die Tätigkeit nicht als Teil der übertragenen Aufgabe auffasst.
Mitmachen im Reitunterricht eines Reitverein ist keine Probearbeit gleich einer Wie-Beschäftigung
LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.10.2024 – L 10 U 3356/21 (SG Heilbronn, Urt. v. 1.10.2021 – S 4 U 3406/19)
Amtliche Leitsätze:
- Eine Patellaluxation am rechten Knie wird bei Vorliegen deutlicher anlagebedingter luxationsbegünstigender Faktoren nicht rechtlich wesentlich durch eine planmäßig und willentlich ausgeführte Dehnübung im Ausfallschritt mit Streckstellung des rechten Beines verursacht.
- Eine „Wie-Beschäftigung“ liegt bei Probearbeiten vor, wenn eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit von – wenn auch geringem – wirtschaftlichen Wert erbracht wird. Ein „Reinschnuppern“ eines Interessierten im Vorfeld, um sich einen Eindruck zu verschaffen, ob die Tätigkeit überhaupt in Betracht kommt, reicht hierfür nicht aus.