Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat zukünftig nur noch eine Gleichstellungsbeauftragte
VG Berlin, Beschl. v. 30.10.2024 – VG 5 L 488/24
Amtliche Leitsätze:
- Die Stiftung Pr. Kulturbesitz ist eine Dienststelle im Sinne des Bundesgleichstellungsgesetzes. Bei ihr ist deshalb auch nur eine Gleichstellungsbeauftragte zu wählen.
- Die Tatsache, dass die Untergliederungen der Stiftung (wie die Staatsbibliothek zu B.) bisher als eigenständige Dienststellen angesehen wurden und eigene Gleichstellungsbeauftragte hatten, steht der Neuwahl einer Gleichstellungsbeauftragten für die gesamte Stiftung nicht entgegen.
- Die bisherige örtliche Gleichstellungsbeauftragte hat aus ihrer Bestellung keine Rechte auf künftige Beteiligung nach dem Bundesgleichstellungsgesetz.
Nennung eines Vereins (hier: „Zeitgeschichtliche Forschungsstelle I e.V. (ZFI)“) im Verfassungsschutzbericht
VGH München, Urt. v. 12.11.2024 – 10 B 23.374 (VG München, Urt. v. 17.7.2020 – M 30 K 19.5902)
Amtliche Leitsätze:
- Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen können darin liegen, dass Personen oder Personengruppen, die selbst keine verfassungsfeindlichen Äußerungen tätigen, anderen Personen oder Personenvereinigungen eine Plattform für die Verbreitung verfassungsfeindlicher Inhalte zur Verfügung stellen.
- In der aktiven Vernetzung von extremistischen Personen und Vereinigungen und der darin liegenden Förderung extremistischer Strukturen können Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen gesehen werden.
- Wer sich bewusst eines Begriffs bedient, den eingeweihte Kreise als Code in einem bestimmten Sinne verstehen, muss sich die Deutung seiner Äußerung gemäß dem decodierten Sinngehalt grundsätzlich entgegenhalten lassen.
Förderung für anerkannte Betreuungsvereine zur Durchführung von Querschnittsaufgaben
VG Lüneburg, Urt. v. 14.11.2024 – 6 A 115/24
Amtlicher Leitsatz:
§ 17 Satz 1 BtOG ist ein Programmsatz, der gemäß dem in § 17 Satz 2 BtOG formierten Regelungsauftrag weiterer Ausgestaltung durch die Länder bedarf. Hat das Land keine Regelungen zur Ausfüllung des Regelungsauftrags des § 17 Satz 2 BtOG geschaffen, kann § 17 Satz 1 BtOG nicht als Anspruchsgrundlage für eine Förderung herangezogen werden.
Klagerecht des Kreisverbands einer politischen Partei (Verlangen des Austritts einer sich kritisch äußernden Kommune)
VGH München, Urt. v. 14.11.2024 – 4 B 23.2005 (VG Ansbach, Urt. v. 21.7.2022 – AN 4 K 21.01492)
Amtlicher Leitsatz:
Ist eine Kommune Mitglied einer mehrheitlich von Privaten gebildeten Vereinigung, deren Vertreter sich in der Öffentlichkeit kritisch über eine bestimmte Partei äußern, so kann der betroffene Kreisverband dieser Partei den Austritt der Kommune aus der Vereinigung verlangen.
Nicht jeder Trainer ist Arbeitnehmer
LAG Hamm, Beschl. v. 14.11.2024 – 14 Ta 252/24 (ArbG Paderborn, Beschl. v. 14.5.2024 – 3 Ca 1279/23)
Amtlicher Leitsatz:
Die Eigenart der Tätigkeit als Fußballtrainer spricht nicht allein für einen hohen Grad persönlicher Abhängigkeit. Eine solche Tätigkeit lässt sich sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch eines freien Dienstverhältnisses verrichten. Der Umstand, dass ein Fußballtrainer üblicherweise in zeitlicher Hinsicht an die Trainings- und Spielzeiten der Mannschaft sowie in örtlicher Hinsicht an die von dem Verein genutzte Sportstätte gebunden ist, lässt allein nicht auf ein Arbeitsverhältnis schließen.
Vereinsverbot: Unterstützung der HAMAS durch „Palästina-Solidaritätsarbeit“ bleibt verboten
OVG Münster, Beschl. v. 15.11.2024 – 5 B 558/24 (FG Berlin-Brandenburg, v. 3.5.2022 – 8 K 8117/16)
Amtliche Leitsätze:
- Personen, zu deren Händen eine Vereinsverbotsverfügung ergangen ist, sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO zur Anfechtung dieser Verfügung nur ausnahmsweise befugt. Sie müssen dafür geltend machen, es liege kein Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG vor und die Verfügung betreffe sie daher in ihrer persönlichen Rechtsstellung.
- Ein Verein richtet sich nicht nur dann objektiv gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn seine Tätigkeit oder sein Zweck geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung zu beeinträchtigen, sondern auch, wenn der Zweck oder die Tätigkeit des Vereins der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze von Völkern zuwiderläuft.
- Der objektive Tatbestand dieses Verbotstatbestandes kann auch dann erfüllt sein, wenn ein Verein eine Gruppierung unterstützt, die ihrerseits durch Ausübung von Gewalt das friedliche Miteinander der Völker beeinträchtigt bzw. das Existenzrecht eines Staates vor dem Hintergrund eines Konflikts zwischen zwei Völkern in der Weise verneint, dass er zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufruft und hierdurch mittelbar zu der gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichteten Zwecksetzung oder Tätigkeit beiträgt.
- Einzelfall einer Vereinigung, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, weil sie die Hamas unterstützt, indem sie die von ihr verübten Angriffe verherrlicht, propagiert und legitimiert, sowie selbst das Existenzrecht Israels verneint und zu seiner gewaltsamen Beseitigung aufruft.
Unwirksamer Wegfall von Prämien eines Cheftrainers im Profifußball
ArbG Aachen, Urt. v. 19.11.2024 – 8 Ca 3230/23
Amtliche Leitsätze:
- Das DFB-Schlichtungsverfahren, das nach § 30 der DFB-Trainerordnung zur gütlichen Einigung von Streitigkeiten aus Verträgen vor Klageerhebung durchgeführt werden soll, kann auch nach Klagerhebung durchgeführt werden. Wird es nach Klageerhebung, aber vor der mündlichen Verhandlung durchgeführt, wird die Klage nachträglich zulässig (Ziff. A. I. der Entscheidungsgründe). Im vorliegenden Fall konnte es dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines solchen Schlichtungsverfahren Bedingung für die Zulässigkeit einer Klage sein kann.
- Der mit einem Cheftrainer im Profifußball vertraglich vereinbarte Wegfall von Punkt-, Zuschauerschnitts-, Aufstiegs- und Pokalgewinnprämien im Falle einer Freistellung ist wegen Verstoßes gegen§ 308 Nr. 4 BGB unwirksam, wenn entweder der Anteil der wegfallenden Prämie an der Gesamtvergütung mehr als 25% betragen kann oder der Wegfall bei jeder Freistellung auch ohne Sachgrund erfolgen soll. Voraussetzung ist, dass eine solche vertragliche Vereinbarung eine allgemeine Geschäftsbedingung gemäß §§ 305 ff. BGB ist und sie weder durch den Arbeitnehmer eingeführt (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) noch zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB) wurde (Ziff. B. I. 1. a) der Entscheidungsgründe).
- Eine Befristungsabrede ist wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam, wenn die Parteien sie vor Vertragsbeginn und vor Unterzeichnung des schriftlichen Arbeitsvertrags nicht schriftlich vereinbaren und sie in dem nach Arbeitsantritt unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag inhaltlich unverändert übernehmen (Ziff. B. I. 2. der Entscheidungsgründe).
- Die Befristung des Arbeitsverhältnisses eines Profifußballtrainers ist wegen der Eigenart der Arbeitsleistung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Die Arbeitsleistung eines Cheftrainers weist Besonderheiten auf, aus denen sich ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer lediglich befristeten oder auflösend bedingten Anstellung ergibt. Es ist Aufgabe des Cheftrainers, dafür zu sorgen, dass die Spieler die von ihnen geforderte Spitzenleistungen abrufen. Hierfür ist er als der zentrale, prägende Leiter der Mannschaft zuständig. Das Erfordernis, dass die Spieler als Individuum und im Kollektiv Spitzenleistungen erbringen müssen, gebietet es, kurzfristig reagieren zu können, wenn diese Spitzenleistungen nachlassen oder ausbleiben. Ein kurzfristiger Austausch wesentlicher Teile der Mannschaft ist nicht möglich. Die mit dem Austausch einhergehende andere Art von Spielweise und psychologischer Einstellung kann wieder zur Erbringung von Spitzenleistungen führen (Ziff. B. II. 1. b) der Entscheidungsgründe).
- Die Kündigung eines Profifußballtrainers kann wegen des Fehlens der erforderlichen Trainerlizenz wirksam sein (hier bejaht). Sie ist durch einen personenbedingten Grund gemäß § 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt. Der Erwerb der erforderlichen Lizenz liegt im Verantwortungsbereich des Trainers. Es obliegt ihm insbesondere, sich rechtzeitig zu Lehrgängen, die den Erwerb der erforderlichen Lizenz ermöglichen, anzumelden (Ziff. B. II. 1. der Entscheidungsgründe).
- Fehlt einem Profifußballtrainer die erforderliche Trainerlizenz, hat er keinen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung gemäß §§ 611a Abs. 2, § 615 Satz 1 BGB, da es an der erforderlichen Leistungsfähigkeit gemäß § 297 BGB fehlt (Ziff. B. II. 3. der Entscheidungsgründe).
Coronahilfen für den Profisport
VG Köln, Urt. v. 6.12.2024 – 16 K 1945/23
Amtliche Leitsätze:
- Wird eine Förderrichtlinie ausdrücklich zum Bestandteil eines Bewilligungsbescheides gemacht, so unterliegt sie in dessen Regelungsbereich auch den für die Auslegung von Verwaltungsakten geltenden Grundsätzen.
- Die Ermittlung, ob der Empfänger einer „Coronahilfe Profisport“ im maßgeblichen Kalenderjahr einen förderschädlichen Gewinn erzielt hat, ermittelt sich im Ausgangspunkt nach handelsrechtlichen Grundsätzen.
- Andere Corona-Beihilfen des Bundes und der Länder sind nicht bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen, sondern ausschließlich nach den speziellen Regelungen zur Anrechnung solcher Beihilfen zu bewerten.
- Weicht das Wirtschaftsjahr des Zuwendungsempfängers von dem maßgeblichen Kalenderjahr ab, steht ihm frei, eine eigenständige Gewinn- und Verlustrechnung für dieses Kalenderjahr vorzulegen.
- Als Grundlage einer solchen Gewinn- und Verlustrechnung für das maßgebliche Kalenderjahr kommen nicht nur Jahresabschlüsse, sondern insbesondere auch Zwischenabschlüsse in Betracht.
VG Köln, Urt. v. 6.12.2024 – 16 K 4173/23
Amtliche Leitsätze (Leitsätze 1-2 sind wortgleich mit 16 K 1945/23):
- Bei der Gewinnermittlung im Rahmen der „Coronahilfen Profisport“ ist auf den Antragsteller insgesamt abzustellen, sodass nicht nur die Einnahmen des Profibereichs, sondern auch Einnahmen aus dem Amateurbereich zu berücksichtigen sind.
- Andere Corona-Beihilfen des Bundes und der Länder sind nicht bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen, sondern ausschließlich nach den speziellen Regelungen zur Anrechnung solcher Beihilfen zu bewerten.
Vereinsrechtliche Durchsuchung und Beschlagnahme
OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.12.2024 – 13 OB 144/24 (VG Oldenburg, Beschl. v. 11.7.2024 – 7 E 1992/24)
Amtlicher Leitsatz:
In einem auf den Erlass eines Vereinsverbots gerichteten Verfahren erstreckt sich der Personenkreis, bei dem eine Durchsuchung entsprechend § 102 StPO erfolgen kann, auf die in § 30 Abs. 1 OWiG genannten Personen, die für den Verein handeln.
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Polizeikosten bei Hochrisikospielen
BVerfG, Urt. v. 14.1.2025 – 1 BvR 548/22 (BVerwG, Beschl. v. 21.12.2021 – 9 B 6.21; OVG Bremen, Urt. v. 11.11.2020 – 2 LC 294/19; BVerwG, Urt. v. 29.03.2019 – 9 C 4.18; BVerwG, Beschl. v. 13.03.2019 – 9 C 4.18; OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2018 – 2 LC 139/17; VG Bremen, Urt. v. 17.5.2017 – 2 K 1191/16)
Amtliche Leitsätze:
- Als Gebühren lassen sich öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstehen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und insbesondere dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken oder deren Vorteil oder deren Wert auszugleichen. Sie beruhen auf dem Aspekt der Gegenleistung, also des Ausgleichs von Vorzügen und Lasten.
- Die Verfassung kennt keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Sie ist keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist. Die Verfassung verlangt auch nicht, Polizeikosten nur Störerinnen und Störern oder solchen Personen aufzuerlegen, die nach den Vorschriften des Polizeigesetzes anstelle der Störerinnen und Störer in Anspruch genommen werden können oder die sich rechtswidrig verhalten.
- Eine Gebühr ist nur dann angemessen, wenn sie auch tatsächlich als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung erhoben wird. Dabei hat der Gebührengesetzgeber zwar einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen will. Dieser Spielraum ist aber dann überschritten, wenn kein konkreter Bezug zwischen dem gesetzlich definierten Vorzug und dem Abgabepflichtigen mehr erkennbar ist.
- Die individuell-konkrete Zurechenbarkeit kann insbesondere gegeben sein, wenn die öffentliche Leistung mit konkreten Vorteilen verbunden ist oder individuell veranlasst wurde, insbesondere bei einer das übliche Maß überschreitenden „Sondernutzung“ öffentlicher Sachen mit einer besonderen Inanspruchnahme begrenzter staatlicher Ressourcen.