Aktuelle Rechtsprechung im Überblick
Februar 2024 (Teil 1)
Zusammengestellt von Benjamin Beyer
Steuerfreiheit der Mitgliedsbeiträge eines Sportvereins nach § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG
FG Niedersachsen; Beschl. v. 10.1.2023 – 11 K 147/22 (anhängig BFH – V R 4/23)
Amtliche Leitsätze:
- Mitgliedsbeiträge eines Sportvereins sind steuerbar, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Vereins, den Mitgliedern Vorteile wie Sportanlagen zur Verfügung zu stellen, und den Mitgliedsbeiträgen besteht.
- Mitgliedsbeiträge können ein Entgelt in Form einer Teilnehmergebühr iSd. § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG darstellen.
- Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG verstößt nicht gegen Unionsrecht, weil sie die Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL nach neuester BFH-Rechtsprechung dem Grunde nach umsetzt.
Übertragung einer Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 3 EStG auf Reinvestitionswirtschaftsgüter einer KGaA
FG Köln; Urt. v. 13.7.2023 – 1 K 1783/18 (anhängig BFH – IV R 21/23)
Redaktionelle Leitsätze:
- Die Übertragung von Rücklagen ist nicht nur innerhalb eines Betriebs möglich. Aufgrund der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise in § 6b EStG ist auch der Abzug eines dem Gesellschafter zuzurechnenden Veräußerungsgewinns von Anschaffungs- und Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters sowie in Höhe des auf den Gesellschafter entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft möglich, an der der Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt ist (vgl. hierzu BFH-Urt. v. 16.12.2022, IV R 7/19, BFHE 275, 179, BStBl II 2023, 378, Rn. 40 mwN.).
- Bei der Übertragung von Rücklagen auf die Reinvestitionswirtschaftsgüter einer KGaA gilt dies entsprechend, wobei es für die Anwendung des § 6b EStG nicht erforderlich ist, dass der Steuerpflichtige zivilrechtlicher Eigentümer der Reinvestitionswirtschaftsgüter ist bzw. ihm diese als Gesamthandsvermögen partiell zuzurechnen sind.
Kündigung wegen Strafanzeige gegen Arbeitgeber – Auflösungsantrag des Arbeitgebers
LAG Mecklenburg-Vorpommern; Urt. v. 15.8.2023 – 5 Sa 172/22 (ArbG Stralsund, Urt. v. 9.11.2022 – 11 Ca 167/22)
Amtliche Leitsätze:
- Die Erstattung einer Strafanzeige ohne vorherigen Versuch einer innerbetrieblichen Klärung stellt regelmäßig keine Pflichtverletzung dar, wenn mit einer neutralen, unvoreingenommenen Aufarbeitung der Vorgänge innerhalb des Betriebs oder Unternehmens nicht zu rechnen ist, weil sich beispielsweise die Vorwürfe direkt gegen den Arbeitgeber oder seine Repräsentanten richten.
- Das Arbeitsverhältnis kann auf Antrag des Arbeitgebers gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sein, wenn das Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber oder seinen Repräsentanten durch eine persönliche Feindschaft oder einen persönlichen Machtkampf geprägt ist und die Unternehmensinteressen nicht mehr im Vordergrund stehen.
Kinder- und Jugendhilfe Erstattung von Elternbeiträgen für Kinderbetreuung durch Elternverein
VG Bremen; Gerichtsbescheid v. 11.9.2023 – 3 K 2/21
Amtliche Leitsätze:
- Die Bewilligung eines Zuschusses zu den Elternbeiträgen für die Betreuung eines Kindes in einer von einem Elternverein getragenen Kleinkindgruppesetzt scheidet für die Vergangenheit grundsätzlich aus.
- 4 Abs. 1 des Ortsgesetzes über die Beiträge für die Kindergärten und Horte der Stadtgemeinde Bremen (sog. „Geschwisterrabatt“) ist dahingehend auszulegen, dass eine Ermäßigung nach dieser Vorschrift neben der gleichzeitigen Betreuung mehrerer Kinder auch voraussetzt, dass Eltern gleichzeitig für mehrere Kinder jeweils einen Betreuungsbeitrag leisten müssen (Fortführung von VG Bremen, Urteil vom 25. März 2022 3 K 1959/20, juris Rn. 20 ff.).
Beitragsrecht: Zur abhängigen Beschäftigung des Fremdgeschäftsführers einer Tochtergesellschaft
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 27.9.2023 – L 2 BA 59/22 (SG Braunschweig v. 21.9.2022 – S 64 BA 46/18)
Amtlicher Leitsatz:
Eine Minderheitsbeteiligung an der Muttergesellschaft steht als solche der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Fremdgeschäftsführers nicht entgegen.
Aktivisches Darlehnskonto eines Kommanditisten bei zulässigen Überentnahmen – schuldrechtlich veranlasstes Fremdkapitalkonto
FG Rheinland-Pfalz; Urt. v. 28.9.2023 – 6 K 1796/21 (Revision zugelassen)
Amtliche Leitsätze:
- Kredite, die eine Personenhandelsgesellschaft ihren Gesellschaftern gewährt, sind steuerlich grundsätzlich als Darlehen zu behandeln; dabei kann der Kredit auch in der Weise gewährt werden, dass sie den Gesellschaftern – wie im Streitfall – „die Überziehung ihres Darlehnskontos“ erlaubt (BFH, Urteil vom 27. Juni 1998, IV R 80/95, BStBl II 1997, 36). Ein gesonderter Darlehnsvertrag ist dazu nicht erforderlich, abzustellen ist in diesem Fall auf die gesellschaftsvertraglichen Regelungen.
- Mit der Feststellung, dass den zulässigen Überentnahmen im Streitfall eine durch den Gesellschaftsvertrag begründete (konkludente) Darlehnsvereinbarung zugrunde liegt, ist die steuerrechtliche Qualifikation der Darlehnskonten I und II (im Rahmen des Vier-Konten-Modells) aber nicht entschieden. Diese Qualifikation hat nach Maßgabe der Urteile des BFH in den Verfahren IV R 41/12 und IV R 15/11 zu erfolgen.
- Abzustellen war deshalb im Streitfall auf die betriebliche Veranlassung der Darlehn (vgl. dazu auch das BFH-Urteil vom 13. September 2018, I R 19/16, BStBl II 2019, 385). Ob die Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Gesamthandsvermögen betrieblich veranlasst ist, bedarf nach Maßgabe der BFH-Grundsätze der Würdigung des Einzelfalls. Demgemäß ist auch die Frage, ob die Ausreichung eines Darlehens in der betrieblichen Betätigung der Personengesellschaft gründet, anhand einer Gesamtwürdigung der den jeweiligen Sachverhalt kennzeichnenden Umstände zu entscheiden. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Darlehen aufgrund besonderer Vereinbarung handelt oder um ein auf einem aktivischen Gesellschafterverrechnungskonto ausgewiesenes Darlehen.
Keine Überbrückungshilfe IV für Fußballverein
VG Würzburg, Urt. v. 9.10.2023 – W 8 K 22.1922 (siehe auch VG Würzburg, Urt. v. 9.10.2023 – W 8 K 23.316 [Rechtsprechung Dezember 2023]; VG Würzburg, Urt. v. 9.10.2023 – W 8 K 23.422; VG Würzburg, Urt. v. 15.12.2023 – W 8 K 23.546 [anschließend] )
Redaktionelle Leitsätze:
- Bei der Überbrückungshilfe IV handelt es sich um eine Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO, die ohne Rechtsanspruch gewährt wird. Eine Gewährung erfolgt nach billigem pflichtgemäßem Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
- Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Überbrückungshilfe ist gemäß der geübten Verwaltungspraxis der Behörde (hier IHK als Beliehene) – wie diese in zahlreichen bei Gericht anhängigen Verfahren verlautbart hat – der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde, sodass neuer Tatsachenvortrag und die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant sind, weil bzw. wenn und soweit die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden. Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen.
- Dem Zuwendungsgeber ist es wie dem Gesetzgeber gestattet, bei der Ordnung von Massenerscheinungen, zugunsten eines praktikablen Verwaltungsverfahrens im weiten Umfang zu typisieren und zu generalisieren, auch wenn dies zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit geht, insbesondere wenn es sich um die Gewährung einer Leistung handelt, auf die weder ein verfassungsrechtlicher noch ein einfachgesetzlicher Anspruch besteht. Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, Maßstäbe zur Gewährung einer Förderung nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen, und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen.
- „Keine Gleichbehandlung im Unrecht“ gilt auch im Anwendungsbereich der Überbrückungshilfe IV.
Keine Erhöhung von Überbrückungshilfe IV für Profibasketballverein
VG Würzburg, Urt. v. 15.12.2023 – W 8 K 23.546 (siehe auch VG Würzburg, Urt. v. 9.10.2023 – W 8 K 22.1922)
Redaktionelle Leitsätze:
- Bei den Kosten für eine Trainerwohnung handelt es sich, nach der allein maßgeblichen Verwaltungspraxis im Hinblick auf Nr. 3.1 S. 1 Buchst. a) sowie S. 2 der Richtlinie Überbrückungshilfe IV, um Personalkosten und nicht um Kosten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit stünden. Personalaufwendungen werden pauschal mit 20% der Fixkosten berücksichtigt und nicht gesondert bezuschusst.
- Mietkosten, die nur bei Heimspielen anfallen, sind variable Kosten und nach der allein maßgeblichen Verwaltungspraxis nicht förderfähig.
Beitragspflicht bei Kapitalleistungen als Leistung der betrieblichen Altersvorsorge
LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 10.10.2023 – L 16 KR 301/22 (SG Lüneburg, Urt. v. 27.4.2022 – S 16 KR 260/19)
Amtlicher Leitsatz:
Zur Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung auf eine Kapitalleistung einer vom Arbeitgeber, einer Stiftung, als Leistung der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung, wenn kein Versicherungsnehmerwechsel stattgefunden hat.
Redaktionelle Leitsätze:
- Wird eine Lebensversicherung zu Gunsten des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber als ist eine betriebliche Altersversorgung iSd. § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V abgeschlossen, so sind auf ausgezahlte Kapitalleistung gemäß § 226 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 iVm. § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB V, § 57 Abs. 1 S. 1 SGB XI Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Die Beitragspflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Kapitallebensversicherung ganz alleine oder teilweise finanziert hat.
- Für die Einordnung einer Kapitallebensversicherung als Altersvorsorge § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist es ebenfalls unerheblich, ob diese vom Arbeitgeber möglicherweise nicht abgeschlossen werden durfte, weil er damit gegen die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrecht verstoßen hat. Entscheidend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse.
Unwirksamkeit einer Ruhegeldvereinbarung, Untreue, wucherähnliches Geschäft, Verstoß gegen die guten Sitten
ArbG Paderborn, Urt. v. 12.10.2023 – 1 Ca 434/23
Redaktionelle Leitsätze:
- Vereinbart ein Vorstand eine betriebliche Altersvorsorge, die zwar selbst nicht Gegenstand eines Fremdvergleiches war, der Fremdvergleich aber mittelbar Rückschlüsse auf die gemeinnützlichkeitskonforme Vergütung der Vereinbarung zulässt, handelt der Vorstand grds. auch dann nicht vorsätzlich bzgl. seiner Vermögensbetreuungspflichten oder mit Schädigungsabsicht iSd. § 266 StGB, wenn die Vergütung das zulässige Maß um 71 % übersteigt. Eine solche Vereinbarung ist demnach nicht nach § 134 BGB iVm. § 266 StGB unwirksam.
- Eine solche Vereinbarung ist darüber hinaus auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, selbst wenn eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrecht nach einer Dienstzeit von 25 Jahren mitvereinbart wurde, da beides nicht unüblich ist und damit nicht ohne Weiteres ein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung angenommen werden kann.
Geschäftsführerhaftung für Spenden, Verlust der Gemeinnützigkeit und überhöhte Honorarzahlungen (AWO-Fall)
LAG Hessen, Urt. v. 16.10.2023 – 16 Sa 1733/22 (ArbG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.11.2022 – 14 Ca 1877/22)
Redaktionelle Leitsätze:
- Geschäftsführer müssen bei Spenden an andere gemeinnützige Organisationen, auch wenn diese gemeinnützlichkeitsrechtlich zulässig sind, stets die wirtschaftliche Lage, insbesondere die Liquiditätssituation der eigenen Organisation beachten.
- Geschäftsführer, die bei Spendentätigkeiten die (problematische) Liquiditätslage der eigenen Organisation unberücksichtigt lassen, verletzen in gravierender Weise die (wirtschaftlichen) Interessen der Organisation bzw. Pflichten ihr gegenüber. Solch eine Pflichtverletzung kann eine Haftung sowohl aus § 280 Abs. 1 BGB, als auch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 Alt.2 (oder Alt 2) BGB begründen.
- Geschäftsführer, die die Zahlung von Honoraren billigen, obwohl bekannt ist, dass keine nennenswerte Gegenleistung erbracht wird, verstoßen gegen die sich aus dem Geschäftsführervertrag iVm. § 241 Abs. 1 BGB ergebene Schadensabwehrpflicht.
- Ein Geschäftsführer ist nach § 280 Abs. 1 BGB für den Schaden haftbar, den die Organisation durch den Verlust der Gemeinnützigkeit erleidet.
Erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde: Vereinsverbot
BVerwG, Beschl. v. 16.10.2023 – 6 B 6.23 (OVG Bremen, Urt. v. 15.11.2022 – 1 D 87/22)
Redaktioneller Orientierungssatz:
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung wird nicht allein dadurch infrage gestellt, dass ein Beteiligter aus dem vorliegenden Prozessstoff andere Schlüsse ziehen will als der Tatrichter.
Ausschüttungen aus Beteiligungen sind zeitnah zu verwende Mittel
FG Niedersachsen, Urt. v. 19.10.2023 – 6 K 191/22 (Revision zugelassen)
Amtlicher Leitsatz:
Ausschüttungen aus Beteiligungen sind vollständig als zeitnah zu verwendende Mittel i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zu erfassen: dies gilt für die darin enthaltenen Zinserträge und für die Veräußerungsgewinne.
Förderfähigkeit von Personalkosten der Jugendhilfe iSd. 28 Abs. 1 und 3 LKJHG
VG Karlsruhe, Urt. v. 24.10.2023 – 8 K 4437/22
Amtliche Leitsätze:
- Eine „Schule am Heim“ eines gemeinnützigen freien Trägers der Jugendhilfe kann nach § 28 Abs. 1 und 3 LKJHG für die bei ihr angestellten Lehrer einen tatsächlichen Aufwand als Zuschuss zu den Personalkosten vom Land nur in der Höhe eines Betrages geltend machen, der sich in Anwendung der für den öffentlichen Dienst des Landes – und nicht der Kommunen – geltenden Bestimmungen ergibt.
- Die Kosten für erweiterte Führungszeugnisse nach § 28 Abs. 1 und 3 LKJHG vom Land sind nicht als Zuschuss zu den Personalkosten für die an der Schule am Heim tätigen Lehrer zu übernehmen.
Kapitalauszahlung einer Rente nicht ermäßigt zu besteuern
FG Münster, Urt. v. 24.10.2023 – 1 K 1990/22 E (Revision zugelassen)
Amtliche Leitsätze:
- Kapitalauszahlung der Direktversicherung sind als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG behandelt, wenn Beitragszahlungen tatsächlich nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gestellt waren.
- Eine solche Kapitalauszahlung ist nicht nach § 34 Abs. 1 Sätze 2-4 EStG ermäßigt zu besteuern, da es am zusätzlich erforderlichen ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der „Außerordentlichkeit“ fehlt.
Steuerfreiheit eines Heisenberg-Stipendiums
BFH, Beschl. v. 24.10.2023 – VIII R 11/22 (FG Sachsen, Urt. v. 11.3.2021 – 8 K 1264/20)
Amtlicher Leitsatz:
Zur Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung auf eine Kapitalleistung einer vom Arbeitgeber, einer Stiftung, als Leistung der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung, wenn kein Versicherungsnehmerwechsel stattgefunden hat.
Redaktionelle Leitsätze:
- Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob die Einnahmen aus dem Stipendium als Vergütung für eine selbständig ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit den Einkünften aus selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG oder als Vergütung für eine Beschäftigung im Rahmen eines nach den Stipendienvorgaben auszuübenden Lehrauftrags gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder als wiederkehrende Bezüge den Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 S. 1, S. 3 Buchst. b EStG zuzuordnen sind.
- Eine Verpflichtung, wonach ein Stipendiat seine Konzentration auf seine Forschungsvorhaben zu richten und über die Ergebnisse seiner Forschung zu berichten hat, während er in der Wahl und Verfolgung seiner Forschungsthemen frei ist, ist keine Gegenleistung iSd. § 3 Nr. 44 S. 3 Buchst. b EstG.
Zahlungen an den Förderverein einer staatlich anerkannten Ersatzschule als Schulgeld
FG Münster, Urt. v. 25.10.2023 – 13 K 841/21 E
Redaktioneller Leitsatz:
Die Zahlung an einen Förderverein, der die Kosten für den normalen Betrieb einer staatlich anerkannte Ersatzschule aufbringt und zur Verfügung stellen soll, ist Entgelt iSd. § 10 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 EStG 2009. Dies gilt auch dann, wenn die Satzung des Vereins keine Bestimmung vorsieht, nach der die Verwendung der Mittel ausschließlich für den normalen Schulbetrieb zu erfolgen hat, da es auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ankommt.
Spenden an eine gemeinnützige italienische Stiftung nicht abzugsfähig
FG Münster, Urt. v. 25.10.2023 – 13 K 2542/20 K F
Redaktionelle Leitsätze:
- Spenden an nicht in Deutschland, aber in einem Mitgliedsstaat der EU ansässige Organisation sind dann abzugsfähig, wenn die Organisation den Gemeinnützigkeitsstatus iSd. §§ 51 ff. AO erlangen würde, wäre diese in Deutschland tätig.
- Daran fehlt es, wenn etwa der Zweck auch nicht mit einer systematischen Auslegung der Zweckbestimmung(en) ermittelt werden kann, bei mildtätigen Zwecken der Kreis der Destinatäre nicht bestimmbar ist oder neben gemeinnützigen Zwecken (im weiteren Sinne) nichtgemeinnützige Zwecke verfolgt werden.
- Das Erfordernis von notwendigen Satzungsinhalten nach §§ 59, 60, 61 AO führt nicht zu einer Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit iSv. Art. 63 Abs. 1 AEUV, weil die Voraussetzungen grundsätzlich auch für Körperschaften mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat erfüllbar sind. Höherer Verwaltungsaufwand als Folge der fehlenden Harmonisierung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Bestimmungen der EU-Mitgliedstaaten begründen keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gem. Art. 63 AEUV.
